Online-Glossar Velotechnik von Christian Smolik |
Silberglänzendes, leichtes Metall mit guter Wärme- und elektrischer Leitfähigkeit. Das im Reinzustand sehr weiche und leicht verformbare Leichtmetall (> Bruchdehnung bis 80 %) läßt sich erst durch das Zulegieren anderer Metalle (> Legierungen) konstruktiv im Fahrradbereich verwenden. Hier kommen neben einigen > Gußlegierungen v.a. > Knetlegierungen zum Einsatz. Der Anteil von Aluminium am Gesamtgewicht eines Fahrrades liegt heute um und über 30 % und kann bei Rädern mit > Aluminium-Rahmen sogar 50 % überschreiten. Sowohl > Dichte (spezifisches Gewicht) als auch > Elastizitätsmodul von Aluminium liegen bei nur ca. 1/3 der Werte von > Stahl. Ersteres macht Aluminium interessant hinsichtlich der Leichtbaubestrebungen im Fahrradbau, letzteres zehrt den Vorteil z.T. wieder auf (vgl. > Aluminium-Rahmen) und muß konstruktiv ausgeglichen werden (große Rohrquerschnitte). Konstruktiv ebenfalls berücksichtigt werden muß die erhöhte Kerbempfindlichkeit von Aluminium (vgl. > Kerbwirkung), die v.a. bei den ausgehärteten Knetlegierungen auftritt. Historisches Aluminium wurde 1827 erstmals als Flitter hergestellt und war Mitte letzten Jahrhunderts noch teurer als Gold (2.400 Goldmark/kg bei nur 20 kg Weltproduktion). Bis zur Jahrhundertwende fiel der Preis durch großtechnische Herstellung (Elektrolyse, 1884) auf rund 1% o.g. Wertes (1896: 2,60 Goldmark/kg bei knapp 2 Millionen Kilogramm Weltproduktion). Der erste Fahrradrahmen aus Aluminium wurde bereits 1895 von dem Pariser Ingenieur G. Rupalley gefertigt. Angeblich konnte er damit das Gewicht eines Fahrrades von den damals üblichen 30 kg der Stahlrohrkonstruktionen auf 10 kg senken. Die erste Serie von Alu-Rädern (200 Stück) wurde Anfang der 30er Jahre von der Fa. Diamant (Chemnitz) gefertigt. Die physikalischen Eigenschaften von Aluminium richten sich nach Legierung und Verarbeitungsverfahren und werden daher nachfolgend teilweise als Bereich angegeben: Dichte: 2,7 kg/dm3; Schmelzpunkt: 660° C; Zugfestigkeit: 40-650 N/mm2 (je nach Herstellung u. Legierung) Bruchdehnung: 4-80% (je nach Herstellung und Legierung) Elastizitätsmodul: 67.500 - 76.000 N/mm2. Herstellung Aus Bauxit (Erz mit ca. 60% Anteil von Aluminium-Oxyd) wird zunächst mittels Natronlauge das Metalloxyd gelöst und bei 900° C im schmelzflüssigen Zustand per > Elektrolyse in reines Aluminium überführt (BILD 50). Je nach den gewünschten Eigenschaften von Aluminium erfolgt noch die Zugabe der entsprechenden Legierungspartner. Für den Aluminium-Guß wird das Leichtmetall zunächst in Barren abgegossen, für die Knetlegierungen erfolgt das Abgießen zu zylindrischen Stangen oder dickwandigen Rohren im sog. Strangguß-Verfahren (BILD 51). Zur Herstellung einer Tonne Aluminium sind übrigens ca. 18.000 kWh erforderlich (zum Vergleich > Stahl: ca. 1.000 kWh), ein Grund daß sich besonders Länder mit billigem Strom aus Wasserkraft auf die Herstellung von Aluminium spezialisiert haben. Zum Schmelzen des Leichtmetalles werden nur rund 6 % der Ersterzeugungsenergie verbraucht, weshalb das > Recycling von Aluminium einen beständig ansteigenden Stellenwert besitzt. Weiter- verarbeitung Die Weiterverabeitung erfolgt je nach Verfahren durch Gießen, bei Knetlegierungen durch > Schmieden (BILD 52: > Ausfallende), > Strangpressen, Walzen oder Ziehen. Zur Fertigstellung von Fahrradbauteilen schließen sich daran unter Umständen noch spanabhebende Arbeitsprozesse an. Während Schmieden, Walzen und Ziehen allgemeinübliche Verfahren zur Weiterverarbeitung von Metallen sind, gibt es für Aluminium zusätzlich zwei weitere Spezialverfahren: Druckguß In speziellen Gießereien werden die Aluminium-Barren samt Legierungszusätzen wieder aufgeschmolzen und zu den späteren Fahrradbauteilen abgegossen. Rationellstes Gießverfahren ist hierbei der sog. > Druckguß (BILD 53). Dabei besteht die Gußform i.d.R. aus Stahl, das flüssige Aluminium wird unter sehr hohem Druck (1000 bar und mehr) eingespritzt. Dieses Verfahren gestattet bei gekühlten Formen bis zu 100 Füllungen pro Form und Stunde. Durch den hohen Einspritzdruck wird eine hohe Maßgenauigkeit und Oberflächengüte erreicht, die spätere Nachbearbeitung größtenteils erübrigt - sogar Bohrungen und Gewinde können gleich in das Bauteil mit eingegossen werden. Die so hergestellten Bauteile sind kurzfristig hoch belastbar, es mangelt ihnen jedoch an > Dauerschwingfestigkeit: Bei Einspritzen des flüssigen Metalls bilden sich auf den Aluminiumtropfen hauchdünne Oxidfilme, die sich als sog. Flitterteilchen gleichmäßig in der Schmelze verteilen. Wird das so hergestellte Bauteil > Dauerschwingbelastungen ausgesetzt, so avancieren die Oxidflitter zu Bruchkeimen, von denen erste Microrisse ausgehen, die zum späteren Bruch führen können. Abhilfemaßnahmen hierzu: Bauteile überdimensionieren, auf guten > Kraftfluß achten. Strangpressen Rohre sowie Stangen mit komplizierten Querschnitten wie z.B. Felgenfrofile werden durch > Strangpressen hergestellt (BILD 54). Hierbei wird der gegossene Aluminiumblock auf > Lösungstemperatur erwärmt und unter hohem Druck auf eine Stahlscheibe gepreßt, in die der gewünschte Querschnitt eingearbeitet wurde. Der bei dieser Temperatur weniger feste Werkstoff "fließt" durch die Scheibenöffnung und bildet dabei gleich den erwünschten Querschnitt. Die Stangenlängen werden dabei je nach Verwendung und Transportmittel um 4 - 10 m gehalten. Knetlegierungen Bevor die gegossenen Aluminiumblöcke per Schmieden, Walzen und Ziehen weiterverarbeitet werden können, ist zunächst eine spezielle Vorbehandlung erforderlich: Beim Abkühlen des geschmolzenen Aluminiums bilden sich gleichmäßig in der Schmelze verteilt kleine Kristalle, die mit zunehmender Erstarrung des Werkstoffes wachsen, bis sie auf ihre jeweiligen Nachbarkristalle stoßen. An den Stoßstellen scheiden sich bevorzugt die zulegierten Metalle sowie Verunreinigungen ab, die auf diese Weise ein hartes, sprödes Gerüst von sog. > Korngrenzen bilden. Da eine nachfolgende > Kaltverformung unweigerlich zu Rissen im Metallgefüge führen würde, muß zunächst ein "Aufbrechen" der spröden Bereiche erfolgen. Das geschieht durch Erwärmung bis kurz unter den Schmelzpunkt und nachfolgendem Schmieden, Walzen oder > Strangpressen. Durch dieses "Kneten" (daher der Name "Knetlegierung") des Werkstoffes erreicht man eine Streckung des Metallgefüges, bei dem sich die Bruchstücke der alten Korngrenzen gleichmäßig im Metallgefüge verteilen. Das ursprüngliche Gußgefüge wird mit diesem Verfahren zu einem Zeilengefüge (vgl. Skizze) umgewandelt, wird zäher und gestattet erst jetzt eine weitere Verarbeitung durch Kaltverformung. Legierungen Geringfügige Zusätze anderer Metalle erhöhen die > Zugfestigkeit von Aluminium erheblich. Neben sog. intermetallischen Verbindungen, die Aluminium beispielsweise mit Kupfer, Magnesium oder Mangan eingeht (Al2Cu, Al3Mg2, Al6Mn), bewirkt v.a. die > Aushärtung eine drastische Festigkeitssteigerung. Aushärten Ein bei einigen Aluminium-Legierungen möglicher Prozeß, bei dem die innere Metallstruktur von Aluminium "verspannt" wird und die sog. Gitter- und Gleitebenen blockiert werden. Das Verfahren hierzu beginnt mit dem Lösungsglühen. Lösungsglühen Die Legierung wird zunächst auf Lösungstemperatur erwärmt, wobei sich das Atomgitter von Aluminium aufweitet. Die Fremdatome gehen "in Lösung", verteilen sich statistisch regelmäßig im Grundmetall (sog. Mischkristall-Bildung). BILD 55: links Fremdatom auf Gitterplatz, rechts auf Zwischengitterplatz. Abschreckung Durch anschließende Abschreckung (Volumenreduktion) geraten die Fremdatome unter Diffusionsdruck, der sie nach und nach an die Gitter- und Gleitebenen sowie die > Korngrenzen des > Gefüges herausdrängt. Das bewirkt einerseits die oben benannte Verspannung der Metallstruktur, andererseits verhindern die an den Korngrenzen diffundierten Fremdatome dort das Abgleiten/Verschieben der einzelnen Kristalle gegeneinander - Blockieren der Gitter- und Gleitebenen. Die Zunahme der Festigkeit geht mit einer Abnahme der Bruchdehnung einher (BILD 56). Dieser Diffusionsprozeß verläuft beim kalt aushärtbaren Aluminium bereits bei Raumtemperatur selbstständig ab und benötigt etwa 4-7 Tage. Bei den warm aushärtbaren Legierungen muß mit einer Auslagerungstemperatur von 120 - 180° C "nachgeholfen" werden, der Diffusionsvorgang ist dann jedoch bereits nach einigen Stunden bis 2 Tagen abgeschlossen. Einfluß der Legierungspartner Aufgrund moderner metallurgischer Erkenntnisse läßt sich der Werkstoff Aluminium in einem weiten Bereich durh Zulegieren ane3rer Metalle oder Element exakt auf seine spätere Verwendung hin abstimmen. Im folgenden sind die wirksamsten Legierungspartner aufgeführt: Silizium Macht die Aluminiumschmelze dünnflüssiger und senkt die Schmelztemperatur. Bewirkt bereits bei 0,3 % Anteil die Aushärtbarkeit von AlMg-Legierungen (Legierungscode s.u.). Kupfer Bewirkt die Aushärtbarkeit von Aluminium-Legierungen, geht mit Aluminium die intermatallische Verbindung Al2Cu ein, macht die Aluminium-Legierungen korrosionsanfälliger. Magnesium Beschleunigt die Aushärtprozesse durch Aufweiten des Al-Gitters, unterdrückt den diffusionsblockierenden Einfluß von Eisenverunreinigungen, erhöht die Korrosionsbeständigkeit. Mangan Erhöht bei nicht aushärtbaren Legierungen die Zugfestigkeit, geht mit Aluminium die intermetalische Verbindung Al6Mn ein. Zink Macht die AlMg-Legierung aushärtbar, geht innerhalb der Aluminium-Legierung mit Magnesium eine intermetallische Verbindung ein (MgZn2). Wird in hohem Anteil den hochfesten Legierungen beigemischt (> Titanal: 7,2 %). Titan/Zirkon Bewirken bereits in geringen Mengen weit unter 0,1% eine deutliche Kornverfeinerung und damit höhere Bruchdehnung der Aluminium-Legierungen. Legierungscode Verschiedene Hersteller lassen sich Aluminium-Legierungen durch einen Markenname schützen. Beispiele hierfür sind "Duraluminium", "Ergal", "Titanal". Für einige Legierungen existieren daher mehrere Bezeichnungen. Zur Vermeidung von Mißverständnissen ist es daher sinnvoll, die Legierungen entweder durch DIN-Kurzzeichen oder per Werkstoffnummer anzugeben. DIN- Kurzzeichen Nichteisen-Metallegierungen werden als DIN-Kurzzeichen angegeben. Dabei ist das chemische Symbol des Grundmateriales vorangestellt. Ohne Zwischenraum folgen die Legierungspartner, z.T. gleich mit ihrem in Gewichtsprozent angegebenen Anteil. Beispiele: AlMg3Si, AlZnMgCu1,5. Davor und mittels Bindestrich getrennt können noch Kennbuchstaben für Verwendung und Herstellung gestellt werden. Beispiel: GD-AlSi6Cu3 für Druckguß. Durch einen Zwischenraum getrennt können ferner noch besondere Eigenschaften der Legierung gekennzeichnet werden. Beispiele: AlMgSi1 a F 32. "a" steht für ausgehärtet, "F 32" für eine Mindest-Zugfestigkeit von 320 N/mm2. Werkstoff- nummern Werkstoffnummern beschreiben weder Eigenschaften noch Zusammensetzung der Legierung und sind von Land zu Land unterschiedlich. Durch werbende Maßnamen der Hersteller sind allerdings die in den USA, Großbritannien und Frankreich üblichen Werkstoffnummern für Knetlegierungen z.T. bekannter als die DIN-Kurzbezeichnungen. Beispiele: 5005 A für AlMg1; 6061 für AlMg1SiCu; 7075 für AlZnMgCu1,5. Die wichtigsten im Fahrradbau verwendeten Aluminium-Legierungen sind in der nebenstehenden Tabelle aufgeführt: Gußlegierungen LEKTOR/SETZER: siehe Beiblatt kommt von Chr. mit Bildern Knetlegierungen LEKTOR/SETZER: siehe Beiblatt Korrosion Aluminium rostet nicht, unterliegt jedoch Korrosionseinflüssen. Auf der Oberfläche von reinem Aluminium bildet sich an der Luft schnell eine Oxidschicht (BILD 57), die das Metall vor weiteren Korrosionseinflüssen recht gut schützt. Gleiches gilt für Aluminium-Legierungen mit Magnesium- und Manganzusätzen. Bei Legierungen mit Kupfer und Zinkanteilen kommt es durch elektrochemische Reaktionenen (näheres s. > Korrosion) v.a. bei Vorhandensein von Wasser und Salz (Straßensalz; Schweiß) zu tiefer reichenden Korrosionserscheinungen, die sogar zum > Bruch von Bauteilen führen können. Als Korrosionschutz haben sich bei Aluminium-Bauteilen v.a. das > Eloxieren und > Lackieren bewährt. Bereits eine Hochglanzpolitur mit regelmäßiger Wachspflege (> Sprühwachs) schützt hinlänglich gegen die zerstörerischen Einflüsse. Weitere Informationen s. bei den anderen Aluminium-Stichwörtern.
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Dipl.Ing.FH Christian Smolik 18.05.2000
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Dipl.Ing.FH Jörg Bucher zuletzt am 18.05.2000