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Online-Glossar Velotechnik von Christian Smolik

BAHNWETTBEWERBE

Bahnrennen waren früher sehr beliebt, gehen heute aber in der Angebotsfülle von
sportlichen Wettbewerben etwas unter.

Die Wettbewerbe werden auf der > Radrennbahn ausgetragen, gefahren wird stets
entgegen dem Uhrzeigersinn.

Im Laufe der Zeit hat sich eine bestimmte Palette offizieller Bahnwettbewerbe
herauskristallisiert, die auf nationalen Meisterschaften, Olympischen Spielen,
Weltmeisterschaften usw. ausgetragen werden. Hinzu kommen offizielle
Weltrekordlisten der > UCI, in die auch Weltrekorde von Disziplinen eingehen,
die nur selten gefahren werden.

Als "Standardisziplinen im Bahnrennsport" nennt der > BDR in seinen
Wettkampfbestimmungen:

        Einzelwettbewerbe
                Sprint
Kurzstreckenrennen über je nach Bahnlänge 2-4 Runden (ca. 1000 m) mit betont
endkampforientiertem Charakter, bei dem die Zeitnahme nur für die letzten 200 m
erfolgt. Der Reiz von Sprinterrennen liegt in der Taktik und den hohen
Endgeschwindigkeiten.

I.d.R. treten zwei Fahrer in zwei Läufen gegeneinander an, wobei jeder einmal
für die erste Runde die Führung übernehmen muß. Bis auf die entscheidenden
letzten 200 m ist das Tempo egal, erst auf diesen muß voll gefahren werden.

Gewinnt jeder Fahrer einen Lauf, wird ein Entscheidungslauf ausgetragen, für den
die Führungsrolle ausgelost wird.

Weitere Einzelheiten zu dieser Paradedisziplin des Bahnrennsports s. > Sprint.

                Einer-
                verfolgung
Rennen über 4.000 m (Männer; Frauen: 3.000 m), bei dem die beiden Kontrahenten
von entgegengesetzten Punkten der Bahn starten. Sieger ist der Fahrer mit der
schnellsten Zeit oder derjenige, der seinen Gegner noch vor Ende der Distanz
eingeholt hat; s.a. unten "Vierer-Mannschaftsverfolgung".

                Zeitfahren
Alleinfahrt "gegen die Uhr". Die Fahrer starten i.d.R. nacheinander, Sieger ist
der Fahrer mit der besten Zeit. Am bedeutendsten ist der Wettbewerb über 1000 m,
traditionell die erste Bahnentscheidung bei Olympischen Spielen und
Weltmeisterschaften. Auch Rekordversuche einzelner Fahrer über bestimmte
Strecken oder Zeiträume sind Zeitfahrten, bekannteste Bestzeit ist der >
Stundenweltrekord.

                Punktefahren
Wettbewerb mit Massenstart über 40 km (Männer; Frauen 25 km) im Endlauf
(Vorläufe 25/15 km), in dem bei Überrundungen oder Zwischenspurts Punkte
gewonnen werden (BILD 10). Die Wertungsspurts werden im Abstand von etwa 2 km
ausggetragen, wobei für die Plätze 1-4 jeweils 5/3/2/1 Punkte vergeben werden.

In der > Bundesliga werden 10 km mit 10 Wertungen gefahren.

                Ausscheidungs-
                fahren
Rennen mit Massenstart, bei dem in vorher bestimmten Intervallen der jeweils
letzte die Ziellinie passierende Fahrer ausscheidet. Der Wettbewerb wird dann
von den letzten beiden im Rennen verbliebenen Fahrern im Spurt entschieden.

                Tandemrennen
Rennen auf zweisitzigen > Tandems, die in allen geeigneten Disziplinen
ausgetragen werden können, üblicherweise aber im Sprint.

                Vorgaberennen
Wettbewerb, bei welchem stärkere Fahrer den schwächeren Vorgabe gewähren, i.d.R.

5-10 m.

                Steherrennen
Radrennen hinter einem  Motorrad-Schrittmacher, der dem Radler > Windschatten
bietet, so daß die Geschwindigkeiten wesentlich höher liegen als bei Rennen ohne
diese Minderung des Hauptfahrwiderstandes. Steherrennen werden über Strecken bis
100 km bzw. über eine Stunde ausgetragen. Zur Wahrung der Chancengleichheit sind
Motorräder und Bekleidung gleich, die Maschinen werden vor dem Rennen ausgelost.

Der Rennfahrer hält möglichst ständigen Kontakt zum Schrittmacher über eine am
Motorrad angebrachte Rolle, die einen Sicherheitsabstand gewährt (daher auch die
zurückgebogene Gabel des > Steherrades). Läßt der Fahrer "abreißen", ist er "von
der Rolle". Tödliche Unfälle und hohe Geschwindigkeiten von bis zu 120 km/h
führten dazu, daß die Motorradleistung heutzutage gedrosselt ist, so daß die
Geschwindigkeit normalerweise um 80 km/h liegt. s.a. > Steher/-rennen; vgl. auch
im Folgenden "Derny-Rennen".

                Derny-Rennen
Variante des Steher-Rennens (s.o.) hinter Leichtmotorrädern mit max. 100 ccm mit
zusätzlichem Pedalantrieb zur Geschwindigkeitsregulierung (benannt nach dem frz.

Motorradkonstrukteur J.Derny). Es wird nicht an der Rolle gefahren, sondern
lediglich im Windschatten des Schrittmachers. Der Austragungsmodus folgt im
Wesentlichen dem von Steherrennen, Unterschied: fliegender Massenstart. Distanz
40 km im Finale.

                Keirin
Sprintwettbewerb (s.o. Sprint), bei dem die Geschwindigkeit auf den ersten
Runden durch einen die Führung übernehmenden Schrittmacher bestimmt wird, i.d.R.

ein Derny. Gesamtstrecke: 2000 m. Während der ersten 3-4 Runden werden hinter
dem Schrittmacher Positionskämpfe ausgetragen, um dann - während der
Schrittmacher die Bahn verläßt - zum Endspurt anzusetzen. Während der Startphase
soll die Geschwindigkeit des Schrittmachers ungefähr 25 km/h betragen, wenn die
Fahrer Anschluß an ihn gefunden haben, wird sie allmählich auf etwa 45 km/h
gesteigert. Ungefähr 600-700 m vor dem Ziel verläßt der Schrittmacher die Bahn
und gibt das Rennen für den Sprint frei.

Diese aus Fernost stammende Disziplin ist ein Zuschauermagnet, wurde in Europa
aber eigentlich erst nach 1980 richtig bekannt. Keirin entstand in Japan als
eine Art "Hunderennen für Radfahrer" (Schrittmacher ist "Hase", den es nach dem
Startschuß zu jagen gilt), als man nach dem 2. Weltkrieg Radrennen mit Wetten
veranstaltete, deren Erlös für den Wiederaufbau verwendet wurden. Heute gibt es
in Japan fast 5000 Profis, für die jährlich über 100 Rennen ausgetragen werden.

Die Tatsache, daß nur ein einziger Japaner seit 1980 Profiweltmeister wurde, mag
daran liegen, daß nach den Bestimmungen der UCI außerhalb Japans nicht die
ruppige Fahrweise wie in Nippon üblich mit Körperkontakt und Behinderungen
erlaubt ist, wo Kopf- und Ellbogenstöße zum guten Ton gehören und Stürze bei
Spitzengeschwindigkeiten um 70 km/h keine Seltenheit sind. Keirin ist
mittlerweile auch Einlage bei > Sechstagerennen.

                Omnium
Mehrkampf aus verschiedenen Disziplinen, deren Palette sich je nach
Ausschreibung unterscheiden kann.

        Mannschafts-
        wettbewerbe
                Vierer-
                Manschafts-
                verfolgung
Verfolgungsrennen (s.o.) über 4 km (Männer; Frauen 3 km) für Mannschaften aus
vier Fahrern ("Bahnvierer"), die sich in der Führung ablösen und von denen der
dritte Fahrer gewertet wird. Der letzte Fahrer kann sich zurückfallen lassen,
bzw. es ist auch ein Start mit nur drei Fahrern möglich. Sieger ist die
Mannschaft, deren dritter Fahrer die Distanz in der kürzesten Zeit zurückgelegt
hat oder die die gegnerische Mannschaft vor Ablauf der Distanz eingeholt hat.

                Zweier-
                Mannschafts-
                rennen
Auch "Américaine" bzw. urspr. "Madison" (nach dem Madison Square Garden, NY)
genanntes Rennen für zwei Fahrer, die eine Mannschaft bilden und sich beliebig
oft ablösen können. Einer der Fahrer muß sich stets im Rennen befinden, während
der andere bis zur nächsten Ablösung neutralisiert ist und langsam auf der Bahn
weiterfährt. Sieger ist die Mannschaft, die eine bestimmte Distanz am
schnellsten (bei Amateuren max. 100 km) oder in einem bestimmten Zeitabschnitt
(bei Amateuren max. 3 Stunden) die größte Distanz zurückgelegt hat. Es können
Wertungs- und Prämiensprints eingebaut werden, wobei die Bestimmungen für das
Punktefahren (s.o.) gelten. Américaine-Rennen bilden einen wesentlichen
Bestandteil von > Sechstagerennen.

                Olympischer
                Sprint (Ital.

                Jagdrennen)
Verfolgungsrennen (s.o.) über drei Runden für Dreier-Mannschaften, wobei jeder
Fahrer eine Runde zu führen und danach das Rennen zu beenden hat. Als
Italienisches Jagdrennen kann der Wettbewerb auch für eine beliebig größere
Anzahl von Fahrern durchgeführt werden, die vor ihrem Ausscheiden eine beliebig
große Anzahl von Runden (je nach Ausschreibung) zu führen haben.

Ein rein kommerzieller Bahnwettbewerb, der nicht auf Meisterschaften ausgetragen
wird, ist das > Sechstagerennen: Ablösung per Schleudergriff).



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Copyright und redaktionelle Inhalte:
Dipl.Ing.FH
Christian Smolik 18.05.2000
technische Umsetzung:
Dipl.Ing.FH
Jörg Bucher zuletzt am 18.05.2000