Online-Glossar Velotechnik von Christian Smolik |
Verbinden von > Nabe und > Felge durch bestimmte Anordnungen der > Speichen. Grundsätzlich läßt sich zwischen radialer (ungekreuzter) und tangentialer (gekreuzter) Einspeichung unterscheiden. Während Radialspeichung für die Fahrradanfänge charakteristisch war (> Hochrad) und heute aus aerodynamischen Gründen bei manchen Rennrädern wieder aufgegriffen wird, etablierte sich die gekreuzte, tangentiale Einspeichung mit dem Aufkommen des > Niederrades und ist bis heute die Norm geblieben. Tangentialspeichung Nabe und Felge werden hier durch mehr oder weniger tangential* zum > Nabenflansch verlaufende Speichen verbunden. * Die Bez. bezieht sich auf den mathemat. Ausdruck Tangente (von. lat. "berühren"), der eine Gerade bezeichnet, die eine Kurve in einem Punkt berührt. In vorliegendem Fall ist damit der kreisrunde Nabenflansch gemeint. Dabei überkreuzen sich die wechselweise einmal mit dem > Speichenkopf nach außen und einmal nach innen in den Nabenflansch eingefädelten Speichen. Der Anzahl der Kreuzungsstellen ensprechend unterteilt man die tangentiale Einspeichart, s.u. Mittels des sich ergebenden Hebelarms kann das tangential eingespeichte Laufrad > Antriebs- oder > Bremsmomente ohne wesentliche Verdrehung der Nabe gegenüber der Felge aufnehmen (i.G.z. Radialspeichung, s.u.). Werden die Speichen am Kreuzungspunkt "unterkreuzt" (Speiche mit Kopf nach außen wird über Speiche mit Kopf nach innen gelegt), so erreicht man a) zusätzliche Elastizitäten im Laufrad, die den > Fahrkomfort verbessern, b) man vermindert Resonanzschwingungen der Speichen, die zum frühzeitigen Speichenbruch führen können. Werden die Speichen nicht unterkreuzt(holländische Methode), wird ein Laufrad ähnlich hart wie bei Radialspeichung. Kreuzungsarten Die Anzahl der 1 - 4 Kreuzungsstellen jeder Speiche definiert wie o.g. die Kreuzungsart, wobei 3-fach Kreuzung am häufigsten ist. 1-fach- Kreuzung Fortlaufend wird eine Speiche (Kopf nach innen) von ihrer Nachbarspeiche (Kopf nach außen) überkreuzt. Die 1-fach-Kreuzung entlastet den > Nabenflansch bereits deutlich gegenüber der Radialeinspeichung. Sie wird allerdings nur als Notbehelf eingesetzt, wenn keine längeren Speichen greifbar sind. 2-fach- Kreuzung Fortlaufend wird eine Speiche mit Kopf nach innen von der jeweils übernächsten mit Kopf nach außen überkreuzt (also der 3. Folgespeiche). Angewandt und notwendig, wenn die Speichenzahl 20 oder weniger beträgt (> Zeitfahr-Rad), da ansonsten die Speichenabwinkelung mehr als 90o betrüge, also die Tangente (s.o.) überschritten würde (Speichen kreuzen sich dann auf dem Nabenflansch). Gleiches gilt für großen > Lochkreisdurchmesser (z.B. Naben für > Trommelbremsen). 3-fach- Kreuzung Fortlaufend wird eine Speiche mit Kopf nach innen von der jeweils dritten Speiche mit Kopf nach außen überkreuzt (also der 5. Folgespeiche). Dies ist die häufigste Einspeichart, weil sie dem normalen 36-Speichen-Laufrad eine gute > Elastizität vermittelt und - verglichen mit 4-fach-Kreuzung - beim Hinterrad bereits ca. 90% der Antriebskraft aufnehmen kann. Bei 24-Speichen-Laufrädern beträgt die Abwinkelung der Speichen genau 90o, erreicht also den gleichen Hebelarm wie die 4-fach-Kreuzung bei 36 Speichen. 4-fach- Kreuzung Fortlaufend wird eine Speiche mit Kopf nach innen von der jeweils vierten Speiche mit Kopf nach außen überkreuzt (also der 7. Folgespeiche). Beim normalen Hinterrad mit 36 Speichen verlaufen die Speichen dann genau tangential von der Nabe zur Felge, sind also um genau 90o abgewinkelt (größtmöglicher Hebelarm, größtmöglich zu übertragendes > Antriebs- resp. > Bremsmoment; Werden Laufräder mit geringerer Speichenzahl 4-fach gekreuzt,, so sind die Speichen mehr als 90o abgewinkelt, der Hebelarm reduziert sich wieder, außerdem liegen die Speichen dann auf dem Nabenflansch übereinander. Obwohl die jeweils exakte tangentiale Einspeichung - also 3-fach bei 24-Speichen-Laufrädern und 4-fach bei 36-Speichen-Laufrädern - als optimal zu bezeichnen ist, hat sich aus Gründen der einfacheren Einspeichung sowie geringerer Lagerhaltung beim Handel (Speichen verschiedener Längen) die 3-fach-Kreuzung durchgesetzt. Hinterrad-Einspeichung Beim Hinterrad nehmen die nach links abgewinkelten Speichen der Zahnkranzseite über 90% des > Antriebsmoments auf. Da sie zusätzlich noch - bes. im > Wiegetritt - mit > Seitenkräften beaufschlagt werden, sollten sie mit dem Speichenbogen nach außen weisen. Auf diese Weise vergrößert sich a) ihre > Speichenschräge etwas (bessere Aufnahme der zusätzlichen Seitenkräfte), b) ihr Bogen legt sich hierbei inniger an den Nabenflansch und biegt daher weniger schnell auf. Beide Auswirkungen reduzieren das Speichenbruchrisiko. Radialspeichung Bei dieser ursprünglichen Einspeichart (s. > Hochrad) verbinden die Speichen Nabe und Felge in gerader (radialer) Linie. > Antriebs- und > Bremsmomente kann ein so eingespeichtes Laufrad nur unter Verdrehung der Nabe aufnehmen, was jeweils die Speichenspannung und daher das Risiko eines > Speichenbruchs deutlich erhöht. windschlüpfig Radialspeichung wird heute aus aerodynamischen Gründen (weniger Verwirbelungen) am > Zeitfahr- oder > Triathlonrad wieder aufgegriffen (v.a. am Vorderrad, z.T. auch an der linken Hinterradseite) oder auch - aus optischen Gründen - am > Rennrad. Bei zwei Laufrädern lassen sich so immerhin - bei Geschwindigkeiten über 40 km/h - ca. 2 Watt > Leistung einsparen. steif & hart Wird mit nach außen liegenden > Speichenbögen radial gespeicht, so erreicht man die höchstmögliche Speichenschräge und damit auch die höchstmögliche > Seitensteifigkeit von Laufrädern. Allerdings benötigt die Radialspeichung eine sehr hohe > Speichenspannung, sonst "klappern" die Speichen bei hartem > Wiegetritt. Dies aber wirkt sich nachteilig auf den > Fahrkomfort aus: Das Laufrad ist sehr hart, außerdem besteht die Gefahr der > Spurversetzung (seitliches Wegspringen) in Kurven mit unebenem Fahrbahnbelag. Flanschausrisse Ein weiterer Nachteil ist, daß normale Naben nicht für radiale Einspeichung ausgelegt sind, so daß es - bisweilen erst nach 1-2 Jahren - zu Ausrissen von Teilen des > Nabenflansches kommen kann. Eine gewisse Sicherheit gegen solche Defekte kann man erreichen, indem man die Radialspeichung nur mit 24- oder 28-Loch-Naben praktiziert (Grund: größere Lochabstände und damit mehr "Fleisch" zwischen den Speichenlöchern als bei normaler 36-Loch-Nabe. Weitere Vorbeugemaßnahmen: Nabenflansch mit > Sprühwachs vor > Korrosion schützen; > Wellenspeichen mit etwas geringerer Speichenspannung verwenden. Radialnaben Besser geeignet sind speziell für die Radialspeichung konstruierte "Radialnaben" (s. > Naben: Sondernaben), die es sowohl für normale Speichen mit Bogen, als auch für gerade Speichen gibt (s. > Hammerkopfspeichen). Sondereinspeichungen Außer diesen etablierten Einspeicharten werden gelegentlich noch folgende Sondereinspeichungen eingesetzt: Kildemoes Eine zeitlang von diesem dän. Hersteller "zelebrierte" Einspeichart, bei der die Speichen der Zahnkranzseite radial mit den Speichenbögen nach außen, die der Gegenseite gekreuzt eingelegt werden. Diese Einspeichart entlastet die besonders bruchgefährdeten Zahnkranzspeichen. Durch die zunehmende 8-fach-Ritzelbestückung der Hinterräder und der v.a. bei 28- und 27-Zoll-Laufrädern einhergehenden Reduzierung der Seitensteifigkeit dieser Laufräder (s.a. > Speichenschräge) könnte die Kildemoes-Einspeichung erheblich an Bedeutung gewinnen. Erklärung: Die mit den Speichenbögen nach außen radial eingelegten Zahnkranzspeichen bekommen eine größere > Speichenschräge und vermitteln dem Laufrad deswegen die größtmögliche Seitensteifigkeit und werden selbst von Seitenkräften weniger stark belastet. Das > Antriebsmoment übertragen die gekreuzt eingelegten Speichen der linken Laufradseite. Dort ist die Speichenschräge ohnehin größer, die Speichen werden von Seitenkräften also weniger stark belastet und können die zusätzliche Belastung durch die Antriebskräfte mit geringerem Bruchrisiko ertragen als die Zahnkranzspeichen bei normal eingespeichten Laufrädern. Möglicher Nachteil: Die Speichen der Zahnkranzseite können nun das > Antriebsmoment nicht mehr aufnehmen, das Moment belastet den > Nabenkörper auf > Torsion und wird erst von den Speichen der linken Seite an die Felge weitergeleitet. Die Kildemoes-Einspeichung sollte daher nur bei Naben mit dickem Mittelteil eingesetzt werden, da ansonsten die Gefahr einer Verdrehung des Nabenkörpers besteht. Außerdem muß auch der rechte Nabenflansch für die Radialeinspeichung auf dieser Seite ausgelegt sein (Gefahr von Flanschausrissen). Speichenminimierung bei Normalnaben Aus Gründen der > Aerodynamik empfiehlt es sich bes. beim > Zeitfahren und > Triathlon, die Speichenanzahl möglichst zu minimieren. Voraussetzung: Steifere Felge (größerer Querschnitt), sonst besteht > Flattergefahr. Möglich sind bei handelsüblichen > Tropfenfelgen 20 Speichen bei 27/28-Zoll-Laufrad; 18 Speichen bei 26-Zoll-Laufrad; 16 Speichen bei 24-Zoll-Laufrad. Weil nun aber spezielle Naben und Felgen mit entsprechend wenigen Speichenlöchern schwer oder gar nicht zu finden sind, kann man mit normalen 36-Loch-Naben und -Felgen durch Auslassen von Speichenlöchern auch diese Feinheiten realisieren, s. Skizze. Tabelle: Minmale Speichenanzahl (für Felgen á 450 Gramm) Fahrergewicht Vorderrad Hinterrad Kastenfelge Tropfenfelge Kastenfelge Tropfenfelge Rennrad Tria-Rad Mopuntainbike bis 60 kg 24 20 28 24 bis70 kg 28 24 32 28 bis 80 kg 32 28 36 32 bis 90 kg 32 28 36* 36 über 90 kg 36 32 36* 36 Reiserad mit mehr als 30 kg Gepäck bis 70 kg 36 32 36* 36 über 70 kg 36* 36 40* 40 Tandem zus. bis 140 kg 36* 36 40* 40 zus. über 140 kg 40 36 48 40* * 3-D-Speichen verwenden Weitere Speichen-Minimierungen sind nur mit den Extremen-Tropfenfelgen (siehe Kapitel Sonder-Laufräder) oder bei kleinem Laufraddurchmesser sinnvoll. Weil nun aber spezielle Naben und Felgen mit entsprechend wenigen Speichenlöchern schwer oder gar nicht zu finden sind, besteht die Möglichkeit durch Auslassen von Speichenlöchern in Nabe und Felge ein Laufrad mit geringerer Speichenanzahl einzuspeichen. Speichenlänge Die jeweils notwendige Speichenlänge richtet sich nach den Maßen der verwendeten Naben und Felgen, nach der Speichenanzahl sowie der gewählten Einspeichart. Sie kann nach verschiedenen Methoden ermittelt werden, Einzelheiten s. > Speichenlänge. Weitere Informationen s. > Speichenbruch; > Verlötung.
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Dipl.Ing.FH Christian Smolik 18.05.2000
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Dipl.Ing.FH Jörg Bucher zuletzt am 18.05.2000