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Online-Glossar Velotechnik von Christian Smolik

KLEBETECHNIKEN

Im > Rahmenbau angewandte Verfahren, um die Rahmenrohre per Klebung (statt des
üblichen > Lötens oder > Schweißens) in > Muffen zu fixieren.

I.d.R. werden hierzu die Klebebereiche von Rohren und Muffen mit >
Zeikomponentenkleber eingepinselt und zusammengesteckt; überschüssiger Kleber
wird abgewischt. Danach wird der frisch geklebt Rahmen in einer Haltevorrichtung
fixiert, bis der Kleber ausgehärtet ist. Damit ist die Rahmenflucht und die
vorgesehene Winkelstellung der Rahmenrohre zueinander gewährleistet.

Die Verfahren finden v.a. bei > Aluminium- und > Carbon-Rohren Anwendung,
seltener bei > Stahl- und Titanrohren.

        Vorteil
Vorteil der Klebung ist, daß Metall/Carbon-Verbindungen hergestellt werden
können, oder daß Metalle ohne den störenden Wäremeinfluß (Festigkeitsminderung)
beim > Löten verbindbar sind. Es können daher hochwertige Aluminium-Legierungen
(> Titanal) oder > Edelstahl als Rahmenrohrmaterial genutzt werden.Moderne
Klebetechniken garantieren übrigens selbst bei extremer sportlicher Nutzung
ausreichend haltbare Fahrradrahmen.

        Grundsätzliches
Wie beim hekömmlichen Löten verbindet man die einzelnen Rohre mittels Muffen,
wobei hier spezielle > Klebemuffen oder > Klebestutzen aus > Aluminium oder >
Carbon, seltener aus > Stahl zur Anwendung kommen.

Zwar erreicht die Festigkeit der hier eingesetzten > Zweikomponentenkleber
(40-70 N/mm²) nur 10% der von Hartlot (400-900 N/mm²) doch kann dies mit einer
entsprechend größer bemessenen Klebefläche ausgeglichen werden.

                Beispiel
Verbindungen des > Oberrohrs: Ein 35 mm langer Klebestutzen mit einem
Durchmesser von 25 mm ergibt eine Klebefläche von 2,749 mm². Multipliziert man
mit einer mittleren Kleberfestigkeit von 55 N/mm², so müßte eine Kraft von
151.189 N aufgebracht werden, um das Rohr aus der Muffe zu ziehen (entspricht
einer Gewichtskraft von etwa 15 t).

Messungen im Fahrbetrieb haben ergeben, daß im Oberrohr allenfalls mit Kräften
von 10.000 N zu rechnen ist. Also besteht diesbezüglich bei der geklebten
Verbindung eine rund 15-fache Sicherheit.

In der Praxis können diese Werte sogar noch um den Faktor 2 gesteigert werden,
wenn man die Rauhigkeiten der verklebten Materialien nutzt, den Kleberanteil so
weit minimiert, daß er nur noch Oberflächenrauhigkeiten ausgleicht (zur
Klebekraft addiert sich dann noch die Adhäsionskraft) oder - noch effektiver -
die Klebung mittels leichter Preßpassung ausführt.

Wichtig ist bei allen Klebetechniken das Geringhalten des Kleberanteils. Bei
üppigem Auftrag ist der Kleber als elastisches Element vermehrter
Scherbeanspruchung ausgesetzt, die zum Ablösen des Klebers führen kann.

Problematisch waren früher die unterschiedlichen Wärmeausdehnungen von Rohr- und
Muffenmaterial. Mit modernen Klebern auf Basis von Epoxidharzen hat man dieses
Problem mittlerweile aber im Griff.

Wichtig beim Klebevorgang sind Äußerste Sauberkeit und fettfreie
Klebeoberflächen. Außerdem werden die meisten geklebten Rahmen noch getempert
(s. > Tempern), also erhöhter Temperatur ausgesetzt, um die Festigkeit weiter zu
steigern.

Seit Mitte der 70er Jahre der erste serienmäßig geklebte Rahmen auf den Markt
kam, haben sich fünf Klebetechniken etabliert:

        Klebe/Schraub-Verfahren
A L A N: Zusätzlich zur geklebten Muffenverbindung stellt die ital. Firma noch
per Feingewinde einen zusätzlichen > Formschluß zwischen Muffe und Rohr her.

Alan-Rahmen kamen in der zweiten Hälfte der 70er Jahre auf und haben sich bes.

beim > Querfeldeinrad bewährt.

        Konus-Verfahren
V I T U S:Muffe und Rohr sind leicht kegelig ausgeführt, wodurch sich beim
Zusammensetzen der Kleber bis auf einen hauchdünnen, die Materialunebenheiten
ausgleichenden Film herausquetscht. Desweiteren werden so größere
Querschnittsprünge vermieden, was für guten > Kraftfluß sorgt.

Seit Ende der 70er Jahre auf dem Markt, ist der Vitus-Rahmen außer wegen seines
geringen Gewichts (2,1 kg) wegen seines sehr guten > Fahrkomforts beliebt.

        leichte Preßpassung
P A T R I A: Der Außendurchmesser des > Klebestutzens wird geringfügig (1/100
mm) dicker ausgeführt als der Innendurchmesser des Rohres. Der Kleberanteil wird
gering gehalten, Lufteinschlüsse sind ausgeschlossen, die leichte Preßpassung
bietet eine weitere Steigerung der Verbindungsfestigkeit. Durch die Verwendung
von Stahl-Klebestutzen ist dieser Rahmen besonders dauerbelastbar.

        Außen- und Innenmuffe
C E N T U R I O N: Das Rohr wird innen und außen geklebt, wodurch sich die
Klebefläche nahezu verdoppelt und klebunglösende Haarrisse vermieden werden, wie
sie bei vorgenannten Techniken schon mal auftreten.

        TITANAL-Verfahren
Verdichtungsvorgang des Klebefilms mittels Klebekammer und speziellen
Preßsitzstutzen. Dadurch keine Haltelehre beim Fügen der Rohre nötig, um den
Rahmen bis zum Aushärten des Klebers in der vorgesehenen Flucht und
Winkelstellung zu halten.

        F a z i t
Geklebte Fahrradrahmen können heute als dauerhaltbar gelten, unterschiedliche
Ausdehnungen der Materialien bei Temperaturschwankungen hat man in den Griff
bekommen. Durch die Verwendung entsprechender Rohrmaterialien sind per Klebung
leichte, steife und pflegeleichte Rahmen herstellbar.

        Vorsicht bei Autotransport!
Vorsicht allerdings beim Transport von geklebten Fahrrädern auf dem Autodach:

Hier können sich - besonders bei hohen Geschwindigkeiten - Vibrationen und z.T.

sogar Resonanzen "aufschaukeln", wobei sich insbesondere die Ausfallenden lösen
können!
Sehr antrittsstarke Radler (Sprinter), die ihr Rad dauerhaft fahren wollen, sind
übringes mit Muffen aus geschmiedetem Aluminium (z.Zt. Herkules; Hagan; Trek)
oder aus Carbon besser beraten, da die üblichen Muffen aus > Druckguß bei hoher
Seitenbelastung zur Rißbildung neigen (vgl. > Aluminium: Aluminiumguß).



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Copyright und redaktionelle Inhalte:
Dipl.Ing.FH
Christian Smolik 18.05.2000
technische Umsetzung:
Dipl.Ing.FH
Jörg Bucher zuletzt am 18.05.2000