Online-Glossar Velotechnik von Christian Smolik |
Militärisch als Transport- und Verkehrsmittel genutztes Fahrrad, meist mit Gewehrhalterung und Patronentaschen ausgerüstet, z.T. auch klappbar ausgeführt. Bereits 1851 setzten englische Truppen im Neuseelandkrieg Laufräder (> Draisinen) ein und im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 wurden Kurierdienste per > Michaulinen ausgeführt (Spitzenleistung eines franz. Melders: 150 km). Insbesondere seit das auch in schwierigem Gelände sicher zu fahrende > Niederrad ab Mitte der 1880er Jahre rasche Verbreitung fand, wurde über die militärische Verwendung des Velomobils nachgedacht. Was die Militärs am Fahrrad faszinierte, war die Möglichkeit, den Aktionsradius der bis dato auf Schusters Rappen angewiesenen Infanterie zu verdreifachen - ohne die Logistik mit Hafer oder Sprit zu belasten. Man bedenke zudem die Möglichkeit rascher und dabei nahezu geräuschloser Annäherung ohne verräterisches Pferdegewiehere oder Motorengeknattere. Als Haupteinsatzgebiet des Fahrrades wurde schon früh neben Aufklärung, Melde- und Sanitätsdienst der "Kleine Krieg" erkannt, als fahrbarer Untersatz also für Kommando- und Sabotagetrupps. 1888 bereits wurde in England das erste Radfahrercorps der Welt aufgestellt, zwei Jahre später hatte die englische Armee schon 3000 Radler unter Waffen. Andere Länder folgten prompt. Die Besonderheiten der militärischen Verwendung beflügelten die Entwicklung des > Klapprades, das in unbefahrbarem Gelände wie ein Rucksack auf dem Rücken getragen werden konnte. Die von dem französischen Capitain Gérard 1895 entwickelten Militärklappräder wurden in großen Stückzahlen gebaut und auch an Armeen anderer Länder verkauft Ein kritischer Punkt war das hohe Gewicht damaliger Fahrräder (über 20 kg), was das > Pedersen-Rad für eine militärische Karriere geradezu prädestinierte, weil es mit rund 10 kg um 1900 das mit Abstand leichteste Fahrrad auf dem Markt war. Die von Pedersen für den militärischen Einsatz entwickelte Klappversion wurde von den Engländern im Burenkrieg eingesetzt. Der spektakulärste militärische Einsatz von Fahrrädern fand 1944 statt, als tausende englischer Fallschirmjäger bei Arnheim mit einem klappbaren BSA-Waffenrad auf dem Rücken absprangen. Der erfolgreichste Einsatz dürfte die Eroberung Bien Phus 1955 gewesen sein, bei dem die Vietnamesen auf 20.000 Peugeot-Fahrrädern anrückten. Gut ein Jahrzehnt später setzten die Nordvietnamesen im Guerillakrieg das Fahrrad noch einmal massenhaft auf dem Ho-Tschi-Minh-Pfad für den Nachschubtransport ein. Die bekannteste Fahrradtruppe unterhält heute die Schweizer Armee mit rund 6000 Radlersoldaten, die als Heimwehr ebenfalls stärker auf den Kleinkrieg hin organisiert ist. Die Geschichte der Schweizer Fahrradtruppe begann 1905 mit dem "Ordonanz-Fahrrad 05" der Fa. Condor. Das 22 kg schwere Stahlroß wurde bis 1992 fast unverändert an die Armee ausgeliefert, kommt ohne Schaltung aus bei 50/20 > Übersetzung, wird mit "Schleifgummi" vorne, hinten mit Rücktritt bzw. Trommelbremse gebremst und wurde erst 1986 mit Beleuchtung ausgestattet. Das Nachfolgemodell MO92 von Condor wiegt nur 500 g weniger, gestattet 200 kg Zuladung ist mit > Hydraulikbremse und vor allem einer > Kettenschaltung mit 7 Gängen ausgestattet.
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redaktionelle Inhalte:
Dipl.Ing.FH Christian Smolik 18.05.2000
technische Umsetzung:
Dipl.Ing.FH Jörg Bucher zuletzt am 18.05.2000