Online-Glossar Velotechnik von Christian Smolik |
Landläufige Bez. für das individuelle Abstimmen der > Übersetzungen einer > Kettenschaltung durch Montage unterschiedlich großer > Ritzel und > Kettenblätter. Während sich > Normalradler mit vom Werk vorgegebenen Ritzel- und Kettenblattabstufungen begnügen (bei letzteren i.d.R. > Cross-over-Abstufung), ertüfteln sich sportliche und wettkampforientierte Radler ihre "hauseigenen" Übersetzungen. Je nach Fahrradart und zu befahrendem Streckenprofil werden dabei die Zähenzahlen von Kettenblättern und Ritzeln exakt auf die persönlichen Bedürfnisse abgestimmt. Der normale > Arbeitsbereich liegt je nach Fahrer und Radtyp in einer Bandbreite von etwa 4,5 - 7,5 m > Entfaltung und sollte möglichst fein abgestuft sein (s. > Gangsprünge), um bei einem Gangwechsel durch abrupte Drehzahländerung nicht die Muskulatur zu übersäuern. Methoden Kernpunkt der "Ritzelei" ist die Auflistung der Übersetzungen der einzelnen > Gänge, was nach drei unterschiedlichen Methoden erfolgen kann: 1. reine Übersetzung: Quotient aus den Zähnezahlen von Kettenblatt und Ritzel. Beispiel: 52/13 = 4 (entspricht > Übersetzungsverhältnis von 4:1). 2. Zollangabe: Der in > Zoll angegebene > Laufraddurchmesser wird mit der reinen Übersetzung multipliziert. Beispiel für 27"-Laufräder und 52/13-Übersetzung: 4 x 27 = 108 Zoll("). Einzelheiten s. > Zollübersetzung. Anmerkung: Der effektive Laufraddurchmesser von mit dünnen Reifen gefahrenen Rennradlaufrädern (Reifenbreite um 20 mm) liegt heute bei 26,3 Zoll, womit die Übersetzung 52/13 in den Tabellenwerken heute mit 105 Zoll angegeben wird. 3. Entfaltung: Die mit dem Laufradumfang (ca. 2,10 m) multiplizierte reine Übersetzung, die damit den pro Kurbelumdrehung zurückgelegten Weg angibt. Beispiel für 27"-Laufräder und 52/13-Übersetzung: 4 x 2,10 m = 8,40 m. Wenn auch die Entfaltung die weitaus aussagekräftigste Methode zur Angabe der einzelnen Übersetzungen ist, kann man sich auch in die anderen beiden Methoden gut "reindenken", zumal sie auch ihre spezifischen Vorteile haben können: So denken beispielsweise viele Freizeitradler allein schon berufsmäßig in Verhältnisgrößen (z.B. Ingenieure, Verwaltungsangestellte usw.), so daß die reine Übersetzung bzw. das Übersetzungsverhältnis für sie besonders aussagekräftig ist. Außerdem reicht die reine Übersetzung bereits aus, um die Abstufung der Gänge auf Gleichmäßigkeit zu prüfen. Bei der Zollangabe ergibt sich ein zufälliger Zusammenhang zwischen Übersetzung und Leistungsintensität, mit der geradelt werden kann, weswegen diese Methode nach wie vor bei Radsportlern beliebt ist, Einzelheiten s. > Zollübersetzung. Hilfsmittel Als Hilfsmittel für das Ritzeln gibt es Tabellenwerke (s.u.), anhand deren Zahlenreihen der "Ritzler" seine minimale und maximal Übersetzung festlegen und austüfteln kann, in welchen Bereichen er kleine und in welchen größere Gangsprünge haben möchte und wie er Doppelübersetzungen vermeiden kann wie z.B. 52/26: Diese Kettenblatt/Ritzel-Kombination hat die gleiche Übersetzung wie 42/21, nämlich 2. Übrigens tüfteln sich manche Radler gerade solche Doppelübersetzungen aus, um z.B. einen Berg sowohl mit dem großen als auch dem kleineren Kettenblatt meistern zu können. Der moderne Radler bedient sich mittlerweile statt dessen längst eines Insider-Computerprogramms für diese Arbeit, wobei einige sogar nach bestimmten Vorgaben komplette Übersetzungsvorschläge ausdrucken können. Als einfach, anschaulich und praktikabel hat sich darüberhinaus der links abgebildete Ritzelrechner bewährt, der auf eine Idee von Dr. Rainer Künpast zurückgeht: Abbildung ausdrucken auf Pappe aufkleben und wie folgt handhaben: 1. Auf einem Blatt Papier einen ca. 3 cm langen, waagrechten Strich ziehen (Unterrand der rechten Aussparung); 2. rechte Seite des Ritzelrechners (Skala "Zähnezahl") so positionieren, daß die Zähnezahl des großen Kettenblatts auf dem rechten Ende des Strichs zu liegen kommt; 3. nun weiter oben die Zähnezahlen des > Zahnkranzes mit kurzen waagrechten Strichen rechts auf Papier übertragen und mit senkrechtem Strich bis zur unteren Querlinie verbinden; 4. Ritzelrechner nach rechts schieben, bis Skala "Entfaltung" dicht rechts neben dem senkrechten Strich der übertragenen Ritzelabstufung liegt; 5. Rechner so positionieren, daß der obere Pfeil der Entfaltungsskala (2,10 m; dies gilt für die meisten Laufräder außer > MTB; ggf. eigenen Laufradumfang ermitteln und als zweiten Pfeil auf dem Rechner markieren) auf der unteren Querlinie zu liegen kommt; 6. die Entfaltungswerte vom Ritzelrechner (bei den kurzen Querstrichen) ablesen und links neben die senkrechte Linie schreiben; 7. bei Vorhandensein von zwei oder drei Kettenblättern den Vorgang - ausgehend vom unteren waagrechten Strich - wiederholen. Wer jetzt auch noch wissen will, wie groß in Prozenten ausgedrückt der Sprung zwischen zwei Ritzeln ist, kann dies im kleinen eingerahmten Kasten am Abstand zwischen den einzelnen Ritzeln ablesen! Im Beispiel: Zwischen dem 13er und dem 14er Ritzel sind dies 7%, zwischen dem 19er und 22er wären es 13,5%. individuelle Übersetzungs-Aabstufungen Nach welchen Gesichtspunkten man sich nun eine individuelle Getriebeabstufung zusammenstellt, hängt von den jeweiligen Präferenzen ab, die u.a. vom Leistungsvermögen, dem zu befahrenden Streckenprofil oder auch der Art der Tour (z.B. mit oder ohne Gepäck) bestimmt werden kann. Von ideologischen Finessen und der Suche nach der "Getriebeabstufung der Weisen" - womit sich einfach alles fahren läßt - ganz zu schweigen. Generell gilt daher: Die ideale Übersetzung des einen Radlers kann für den anderen die reinste Katastrophe sein. Weitere Einzelheiten zu diesem Problemkreis s. > Arbeitsbererich und > Trittfrequenz. Aus diesen Gründen geben wird im Folgenden "Denkanstöße", die das breite Sprektrum der Möglichkeiten nur anreißen können, da wir heute mit drei Kettenblättern und 8 Ritzeln operieren können, wobei deren Zähnezahlspektrum bei den Kettenblättern von 20 bzw. 22 Zähnen (> Micro Drive) bis 69 Zähne (> TA-Kurbelsystem) reicht, weiterhin die Ritzel von 11 Zähnen bis 34 Zähnen (Sonderanfertigungen können dieses Spektrum sogar noch überschreiten). Um die Übersetzungsmöglichkeiten voll auszureizen, haben wir uns im folgenden - außer bei der Half-Step-Version - auf 8-fach-Ritzel bezogen, den gegenwärtigen Stand der Technik. Im Klammerwert ist außerdem noch die kommende neunfach-Abstufung berücksichtigt. Kriteriums-Übersetzung Kettenblätter: 52/42 Zahnkranz: (11)/12/13/14/15/16/17/18/20 Diese Übersetzung ist für übliche Rennradkurbeln gedacht und wird gern von trainierten Rennsportlern gefahren (vgl. > Kriteriumsrennen). Mit der klassischen Kettenblattbestückung 52/42 und den ab 12 Zähnen beginnenden Ritzeln ist für trittstarke Radler fast jedes Streckenprofil mit dem kleinen Kettenblatt zu meistern. Dadurch vermeidet der Radsportler weitestgehend zeitraubende "diagonale" Schaltvorgänge (Wechsel sowohl vorn als auch hinten). Im Grunde braucht mit dem großen Kettenblatt nur noch bergab und beim > Zeitfahren gefahren werden. Touristik-Übersetzung Kettenblätter: 53/39 Zahnkranz: (12)/14/15/16/17/18/20/22/25 Die an > Radtouristikfahrten (RTF) teilnehmenden Radsportler trainieren i.d.R. weniger als Rennsportler und brauchen daher einen größeren > Übersetzungsbereich, der einerseits durch den größeren Zahnunterschied zwischen den Kettenblättern (53/39 = 14 Zähne) realisiert wird, andererseits durch eine größere Bandbreite der Ritzel (von (12)/14 bis 25). Trotzdem ist aber der > Arbeitsbereich für die Ebene (14/15/16/17/18 Zähne, mit dem großen 53er Kettenblatt gefahren) mit nur einem Zahn Unterschied von Ritzel zu Ritzel eng abgestuft und ermöglicht ein stetes Pedalieren im ökonomischen Drehzahlbereich. Nachteil dieser Übersetzung: In bergigen Passagen muß häufig diagonal - also sowohl vorn als auch hinten - geschaltet werden, will man kleine Gangsprünge fahren. MTB-Übersetzung mit nur zwei Kettenblättern Kettenblätter: 42/24 Zahnkranz: 11/12/13/14/15/17/20/24 Gegenüber der normalen MTB-Kurbel wird hier auf das kleine Kettenblatt verzichtet, wodurch man mit einem > Schaltwerk mit mittellanger bis kurzer > Schaltschwinge arbeiten kann (Vorteile s.d.). Diese Übersetzung eignet sich für sportliche Mountainbiker und Reiseradler und zeichnet sich durch einen besonders großen > Übersetzungsbereich aus. Interessant ist bei dieser Übersetzung neben der Feinabstufung des Arbeitsbereiches der "Räumer" mit 8,20 m Entfaltung pro Kurbelumdrehung für die Talfahrt und der "Kriechgang" für den Berg mit 2,1 m Entfaltung, also der 1:1 Übersetzung. MTB-Übersetzung "Micro-Drive"/Cross-Over Kettenblätter: 42/32/22 Zahnkranz: 11/13/15/17/19/21/23/26 Hierbei wird bereits von > Micro-Drive-Kurbeln ausgegangen, wobei es sich um eine klass. > Cross-over-Abstufung handelt. Diese Übersetzung ist auf eine möglichst hohe Bandbreite ausgelegt, der Übersetzung reicht von 8,0 m/U Entfaltung für die Talfahrt bis zur respektablen Bergübersetzung von 1,80 m/U. MTB-Übersetzung "Micro-Drive" fein abgestuft Kettenblätter: 46/32/22 Zahnkranz: 11/12/13/14/15/17/20/24 Diese Getriebekombination hat exakt den gleichen Übersetzungsbereich wie die vorgenannte. Der Arbeitsbereich ist hier aber feiner abgestuft (unter Einbeziehung des mittleren Kettenblattes erfolgt die Entfaltung von 8 m/U bis 4,5 m/U mit einem Einzahn-Sprung). Ein-Kettenblatt-Übersetzung Kettenblatt: 46 Zahnkranz: 11/12/13/14/16/19/23/28 Für diese Übersetzung eignen sich sowohl MTB- als auch Rennradkurbeln, von denen die kleineren Kettenblätter abgeschraubt werden. Dank 8-fach-Ritzel kann beim 46er Kettenblatt der > Arbeitsbereich mit 11-14 Zähnen wieder mit kleinen Gangsprüngen abgestuft werden, für Berge bringen dann größere Gangsprünge die Treterleichterung. Zudem ist der Schräglauf der Kette weitaus geringer als bei Mehrfach-Blättern, die > Kettenlinie sollte dann aber zwischen 4. und 5. Ritzel justiert werden (Möglichkeiten s.d.). Und schließlich: Durch die Beschränkung auf ein Kettenblatt kann auf den Umwerfer verzichtet werden, was sich - durch den Wegfall von Umwerfer, Schalthebel, Bowdenzug und Kettenblatt - zu einer Gewichtsersparnis von rund einem halben Pfund addiert! "Half-Step"- Übersetzung Kettenblätter: 52/47/32 Zahnkranz: 14/17/21/26/32 Diese antiquierte Übersetzung stammt noch aus den Zeiten der 5-fach-Ritzel, wurde gern von Touren- oder Touristikfahrern benutzt. Immerhin wartet sie mit einem respektablen > Übersetzungsbereich auf und hält den > Gangsprung bei etwa 10%. Weiterhin werden doppelte Gänge vermieden, die 5-fach-Ritzel also voll ausgenutzt. Das kleine Kettenblatt ergibt zwei weitere Berggänge, die "Großmutter"-Gänge (Granny). Weitere Einzelheiten s. > Half-Step-Übersetzung. Individualität bei "Hyperglide"? Mit dem Aufkommen von > Hyperglide (Schalten unter Last möglich) müssen die einzelnen Ritzel-"Weichen" genau im richtigen Abstand zueinander stehen, damit die Kette ohne Kletterarbeit überlaufen kann. > Shimano schreibt daher vor, daß nur vom Werk vorgegebene, komplette > Ritzelpakete verwendet werden dürfen. Demnach wäre die Ritzelei zumindest für die Produkte dieses Herstellers sinnlos. In der Praxis zeigt sich jedoch, daß selbst Ritzel unterschiedlicher > Gruppen den > Hyperglide-Überlauf bewerkstelligen und selbst wenn das in einigen Ausnahmefällen nicht der Fall ist, lassen sich die Hyperglide-Zähne aufgrund ihrer kurzen Zahnhöhe immer noch besser schalten als die Ritzel der anderen Anbieter. Daher steht der Komposition Ihres persönlichen Zahnkranzensembles auch bei Hyperglide nichts im Wege. Gleiches gilt für die anderen Anbieter, die sich dieses Zahnprofils bedienen, s.a. > Zahnformen.
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redaktionelle Inhalte:
Dipl.Ing.FH Christian Smolik 18.05.2000
technische Umsetzung:
Dipl.Ing.FH Jörg Bucher zuletzt am 18.05.2000