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Online-Glossar Velotechnik von Christian Smolik

TANDEM

Sonderform des Fahrrades, auf dem zwei - oder auch mehr - Radler hintereinander
auf zwei Laufrädern fahren. Als Exot ist daneben das weiter unten beschriebene
Side-by-side"-Tandem bekannt, bei dem die Fahrer nebeneinander sitzen.

Die Bez. leitet sich wahrscheinlich von lat. tantum "gleich gut" her. Mit
"Tantum" wurden jedenfalls Anfang des 18. Jahrhunderts in England kleine,
einachsige Kutschen bezeichnet, vor die zwei Pferde nicht wie üblich neben-
sondern hintereinander gespannt waren.

Das Tandem erfreut sich - in angemssenem Umfang - zunehmender Beliebtheit, da
auch ungleich gut trainierte Leute auf einem Tandem harmonieren. Jeder Fahrer
tritt so intensiv wie er/sie mag oder kann in die Pedale, wobei die Kräfte
"gepoolt" werden, so daß man gemeinsam besser die Berge hochkommt als auf
getrennten Fahrrädern.

Aufgrund des geringeren Gesamtgewichts sowie des Umstandes, daß der Hintermann
sozusagen im idealen > Windschatten fährt, sind mit dem Tandem grundsätzlich
höhere Geschwindigkeiten zu erreichen als mit zwei Solofahrrädern.

Eine weitere Möglichkeit bietet das Tandem für den Behindertensport, insbes. für
Sehgeschädigte und Leute mit gestörtem Gleichgewichtssinn, die so ihrem Wunsch
nach körperlicher Betätigung nachkommen können.

        Fahrtechnik
Das Fahren mit dem Doppelsitzer erfordert von beiden Pedaleuren zunächst etwas
Übung, da sich beide durch eine Kette verbundene > Tretkurbeln synchron drehen.

Also muß beim Treten und ebenso beim Aussetzen der Tretbewegung Gleichklang
zwischen beiden Akteuren herrschen.

Der Steuermann muß zudem lernen, mit der meist vorhandenen seitlichen
Instabilität des Tandems sowie dem durch den langen > Radstand im Vergleich zum
Normalrad trägeren > Fahrverhalten des Velos umzugehen, zudem ist auch das
Anfahren zu zweit gewöhnungsbedürftig.

        Rahmen
Tandems haben einen > Radstand von 160-175 cm gegenüber 98-110 cm beim Solorad
und benötigen daher eine besonders verwindungssteife Rahmenkonstruktion: Bei
doppelter Rohrlänge verringert sich die seitliche > Biegesteifigkeit um den
Faktor acht.

Konstruktive Maßnahmen zur Rahmenversteifung, um schlackerndes Fahrverhalten
weitestgehend zu vermeiden:

1. Diagonalstreben: a) kurze und b) lange > Marathonform (Diaginalstreben:

Steuerrohr/a) hinteres Tretelagergehäuse; b) hinteres Ausfallende);
2. > Oversize-Rohre;
3. Radstandverkürzung.

ad 2.: Oversize-Rahmen steigern die seitliche Steifigkeit drastisch, die
vertikale Elastizität hingegen bleibt recht gut erhalten.

ad 3.: Je kürzer der Radstand, desto wendiger und seitensteifer wird das Tandem,
umso mehr Probleme gibt es aber bei großen Fahrern, beide auf dem Tandem
unterzubringen.

* Der Abstand zwischen den > Tretlagergehäusen sollte daher nur dann 60 cm
unterschreiten, wenn hinten eine kleine Person fährt;
* die > Hinterbaulänge kann möglichst kurz gehalten werden (40 cm oder weniger),
was mit gekröpften oder eingedellten > Sattelrohren erreichbar ist;
* die > Fußfreiheit des Vordermanns richtet sich nach der Laufradgröße und ob
Schutzbleche montiert sind, was bei 28 Zoll großen > Laufrädern u.U. mind. 62 cm
erfordert. Durch die Verwendung kleinerer Laufräder (26") und ohne Schutzblech
kann man die Fußfreiheit aber auf 57 cm verkürzen
        Laufräder
Durch das Gewicht und den "Tritt" zweier Leute sowie den verlängerten Radstand
werden Tandem-Laufräder erheblich höher belastet als Normallaufräder. Aus diesen
Gründen werden Tandems zumindestens im Hinterrad mit 40 oder sogar 48 Speichen
ausgestattet und sollten auch über entsprechend steife, sprich voluminöse >
Hohlkammerfelgen verfügen.

Außerdem wirkt sich eine Verbreiterung der Hinterradachse auf 140 oder sogar 150
mm positiv auf die  > Seitensteifigkeit des Laufrades aus, ebenso ein höherer
und genügend "fleischig" ausgelegter > Nabenflansch (größere > Speichenschräge).

Desweiteren besteht > Durchschlagsgefahr durch das sich addierende
Fahrergewicht, was durch erhöhten > Reifendruck oder durch voluminösere Reifen
kompensiert werden muß.

        Antrieb
Damit die > Kettenspannung zwischen den beiden > Tretlagerungen nachstellbar
ist, führt man eines der beiden Lager als > Exzenter aus.

Übrigens werden durch den Gleichklang des Tretens auch die > Sperrklinken des >
Freilaufs stärker belastet als beim Solorad. Einfachste Möglichkeit, dies zu
umgehen: Versetzen der beiden Kurbelpaare um 90 Grad zueinander, so daß die
Lastspitzen beider Fahrer im Tritt nicht synchron, sondern versetzt auf den
Freilauf wirken. Achtung: Ein versetzter Tritt bereitet Steuerungsprobleme und
will einkoordiniert sein.

Naben mit mehr oder stärker ausgeführten Sperrklinken sind allerdings
sinnvoller.

        Bremsen
Auch die Bremsen beim Tandem müssen mehr leisten, gilt es doch das Gewicht
zweier Menschen abzubremsen. Aus diesem Grund haben Tandems entweder
zusätzliche, vom Hintermann bedienbare Bremsen und/oder besonders wirksame
Bremsen (> Cantilever-, > Scheiben-, > Hydraulikbremsen).

Bewährt hat sich eine Kombination von > Felgen- und Scheiben- oder >
Trommelbremsen, wodurch wechselseitig verzögert werden kann und sich die Felgen,
Bremsscheiben oder Bremstrommeln bei langen Bergabfahrten weniger stark
erwärmen.

        hinterer Lenker
Der hintere Lenker wird mit einem speziellen, an der > Sattelstütze
verstellbaren Klemmvorbau angebracht.

        MTB-Tandem
Die Mountainbike-Version des Doppelsitzervelos ist meist in > Oversize-Bauweise
ausgeführt und daher i.d.R. seitensteifer und somit leichter fahrbar als das
Straßentandem. Mit den dicken Reifen und den kleineren Felgen ist der
Geländezweier auch unempfindlicher gegen > Durchschläge und Speichendefekte.

Das Thema Tandem läßt sich in nahezu beliebigen Sonderkonstruktionen variieren:

"Gesellschaftsräder"
Dieser Begriff wurde um die Jahrhundertwende aus dem engl. Terminus "Sociable"
abgeleitet, der die damals für einige Jahre recht beliebten zweispurigen
Nebeneinander-Tandems bezeichnete.

Das einspurige "Side by Side"-Tandem von Dürkopp (1898) wie auch in einer
moderneren Version: Hier kann der normale > Radstand eingehalten werden, mit
einem oder mit beiden Lenkern wird das Vorderrad bedient, Sattel und Kurbeln
sind seitlich ausgestellt. Entgegen dem ersten Eindruck läßt sich das Fahren mit
diesem Exot leichter erlernen als z.B. das Fahren mit einem > Kurzlieger.

Andere Gesellschaftsräder findet man v.a. als beliebte Verleihräder (aber ohne
Marktbedeutung) in Erholungsgebieten, bei denen auch mehrspurige bis
omnibushafte Tret-Vielsitzer als Sonderanfertigungen anzutreffen sind.

Tange
Jap. Rohrhersteller, dessen Rohrqualität der von europäischen Herstellern
ebenbürtig ist; s.a. Tabelle > Rahmenrohre. Darüberhginaus stellt Tange auch >
Steuersätze, Gabeln und > Anlötteile her.



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Copyright und redaktionelle Inhalte:
Dipl.Ing.FH
Christian Smolik 18.05.2000
technische Umsetzung:
Dipl.Ing.FH
Jörg Bucher zuletzt am 18.05.2000