Online-Glossar Velotechnik von Christian Smolik |
Einseitig offenes Langloch zur Fixierung der > Laufräder an Rahmen bzw. Gabel. Bei einfachen Rädern wird hierzu das Rohr der > Unterstreben (hinten) bzw. > Gabelbeine (vorne) einfach an den Enden zusammengedrückt und ein Langloch eingestanzt. Eine vorher eingebrachte, innenliegende Blechverstärkung stabilisiert diese simple Bauart (BILD 98). Diese Konstruktionsweise erscheint zweifelhaft, ist jedoch ausreichend haltbar, da die Kräfte von den Laufrädern her in den Rahmen geleitet werden. Mit zunehmendem Abstand von den Ausfallenden in Richung > Gabelkopf bzw. > Sitzrohr nehmen die Kräfte mit dem länger werdenden > Hebelarm verformungsträchtie Werte an. Daß die Ausfallenden bei höherwertigen Rädern gestanzt (BILD 99) oder sogar geschmiedet sind und als separate Teile an den Rahmen gefügt werden, hat nicht primär Stabilitätsgründe. Der Vorteil liegt vielmehr darin, daß sich bei wiederholtem Radaus- und -einbau die Achs- und Kontermuttern weniger stark eindrücken. Auch die Gefahr, daß sich die Langlöcher durch geringe Auflagefläche der Klemmmuttern auseinander drücken, ist bei den gestanzten und geschmiedeten Ausfallenden geringer. hintere Ausfallenden Während die vorderen Ausfallenden sich in ihrer Ausrichtung und Ausführung mehr oder weniger gleichen, gibt es bei den hinteren Radachsfixierstellen grundsätzliche Unterschiede. Früher waren sie generell horizontal ausgerichtet (BILD 100 oben), seit einigen Jahren finden auch senkrecht orientierte Formen Verwendung (BILD 100 unten): horizontale Ausfallenden Sie unterscheiden sich danach, ob sie nach hinten oder aber nach vorne offen sind: hinten offen Nach hinten offen sind v.a. die eingangs beschriebene Billigversionen hinterer Ausfallenden. Sie ermöglichen mit sog. > Kettenspannern die Straffung der Kette und die Ausrichtung des Laufrades (BILD 101). Der Radausbau hingegen gestaltet sich umständlich, weil zunächst die Kettenspanner gelöst, das Hinterrad nach vorne geschoben und die Kette vom > Ritzel gehoben werden muß, bevor das Hinterrad nach hinten herausnehmbar ist. In geschmiedeter Ausführung findet das nach hinten offene Ausfallende am > Bahnrad Anwendung, um hier einen Längenausgleich bei Übersetzungswechseln vornehmen zu können. Weitere Anwendung: > Saalsportrad. vorne offen Höherwertige horizontale Ausfallenden - gestanzt oder sogar geschmiedet - sind dagegen nach vorne offen, so daß das gelöste Laufrad problemloser aus seiner Halterung "fallen" kann. Außerdem ist dann die Verwendung von > Anschlagschrauben zur exakten Ausrichtung des Hinterrades beim Einbau möglich. Bei preiswerten, gestanzten Versionen erfolgt sie nach Augenmaß. Anmerkung: Bei einigen preiswerten Gebrauchsrädern kommt eine Sonderversion der nach vorne offenen Ausfallenden zur Anwendung (BILD 102): Das Rohr wird wie eingangs geschildert mit innenliegender Blechverstärkung zusammengedrückt, das Langloch wird schräg nach vorn-unten weisend eingestanzt. Hierbei kommen keine Kettenspanner zum Einsatz, der Ausbau des Hinterrades wird erleichtert. Nachteil horizontaler Ausfallenden: Bei ungenügender Klemmung des Hinterrades können kräftige Antritte dieses schräg stellen. Für Reiseradler ist ein horizontales Ausfallende sinnvoll, weil man bei Schaltungsdefekten unterwegs noch im 1-Gang-Betrieb weiter kommt: Man kürzt einfach die Kette, führt sie - unter Umgehung des Schaltwerks! - in Fluchtlinie direkt über eines der Ritzel und Kettenblätter. Durch Zurücksetzen des Hinterrades besteht dann eine einfache Kettenspann-Möglichkeit (s. > kurze Kette). Diese Kettenregulierung ist bei senkrechtem Ausfallende (s.u.) nur in Grenzen durch Probieren gegeben (Auflegen der Kette über verschiedene Ritzel/Kettenblatt-Kombinationen). Die > Kettenflucht kann hierbei allerdings nicht immer gewahrt werden, es kommt vermehrt zum Abspringen der Kette. Anmerkung: Mit dem horizontalen Ausfallende läßt sich auch das Hinterrad horizontal verschieben, womit das > Fahrverhalten des Fahrrades beeinflußt werden kann. Darüberhinaus läßt sich durch die gleiche Maßnahme die Stellung des > Schaltwerks zu den Ritzeln variieren, was ggf. eine Hilfe bei > Schaltproblemen bedeuten kann. senkrechte Ausfallenden Senkrechte Ausfallenden kamen Ende der 70er Jahre auf (BILD 6). Das Langloch steht freilich i.d.R. nicht exakt nach unten, sondern weist einen Winkel von ca. 30° nach vorne auf. Dadurch kann das Hinterrad nicht nur zu den Unterstreben, sondern auch zu den > Sattelstreben hin ausgerichtet werden, falls das Ausfallende > Anschlagschrauben hat. Ansonsten richtet sich das Hinterrad durch das Langlochende selbst aus, was aber eine sehr präzise Rahmenfertigung erfordert. Vorteil: Das Hinterrad kann auch bei kräftigen Antritten und ungenügender Klemmung nicht "umschlagen" (sich schräg stellen), außerdem gestaltet sich der Radausbau noch leichter. Nachteil: Das > Schaltungsauge "rutscht" nach hinten (s. Abb.), was zu > Schaltproblemen führen kann. Bruch des Ausfallendes Mit den im Zuge des technischen Fortschritts immer breiter werdenden > Zahnkränzen erfahren die Hinterradachsen - außer bei einigen > Kassettennaben - bei hartem Kettenzug oder auch schlechter Fahrbahn stärkere elastische Biegungen als bei kürzeren Achsen (s. > Achsbiegung). Das Rahmenrohr ist i.d.R. ausreichend verwindungsstreif, filigrane Ausfallenden machen diese Schwenkbewegung mit, was auf Dauer zum Bruch führen kann (BILD 103). Bei üblichen Naben/Freilauf-Kombinationen (> Schraubkranz) sollten v.a. schwergewichtige Radler daher beim Radkauf auf Ausfallenden in massiver Ausführung achten (mit weniger Aussparungen, daher biegesteifer). Ansonsten sicherheitshalber auf Kassettennaben umrüsten. Eine andere Form des Ausfallendenbruchs trifft bes. häufig den Mountainbiker, wenn sich nämlich ein Stock im > Schaltwerk oder den Speichen verklemmt und das > Schaltungsauge "abhebelt". Bei Straßenrennen passiert bisweilen das Gleiche, wenn sich ein anderer Rennfahrer mit dem Pedal oder dem Vorderradschnellspanner o.ä. im Schaltwerk verhakt. austauschbare Ausfallenden Damit ein Bruch des Ausfallendes nicht zur Verschrottung des ganzen Rahmens zwingt, findet man an höherwertigen > Carbon- und > Alu-Rahmen immer häufiger austauschbare Ausfallenden (BILD 104). Bei > Stahlrahmen wurden sie bislang nicht eingesetzt, weil hier immer noch die Möglichkeit eines Austauschs per Lötung gibt. Man könnte mit austauschbaren Ausfallenden auch die Radgeometrie verändern, was z.Zt. aber noch nicht genutzt wird. Sonderformen Die Entwicklung der > Kettenschaltungen hat zu größeren Ritzelzahlen auf den > Zahnkränzen geführt. Deren zunehmende Breite schiebt die Hinterradnabe nach links, wodurch die Speichen der rechten Hinterradseite erheblich steiler als die der Gegenseite stehen. Folge: Das Hinterrad ist weniger seitensteif. gekröpfte Ausfallenden Schon um 1950 versuchten findige Bastler, mittels gekröpftem linkem hinteren Ausfallende Nabe und Ritzel einfach so weit nach rechts zu rücken, daß die Speichen wieder - wie beim Vorderrad - symmetrisch stehen. Das gekröpfte Ausfallende erhöht die Seitensteifigkeit des Hinterrades (und lindert damit eindeutig die Speichenbruchanfälligkeit). Es benötigt aber - das Ritzel ist ja nach rechts versetzt - eine breitere > Tretlagerachse, damit auch das > Kettenblatt weiter rechts sitzt kann (> Kettenlinie!). Das aber bringt neue Probleme mit sich, nämlich höheren Lagerverschleiß sowie Schleifen der Kette am > Umwerfer bei harten > Wiegetritten. Bei uns wurde diese Konstruktion durch das "Mittendorf"-Ausfallende bekannt (BILD 105), das vom Erfinder bis heute an den von ihm hergestellten Fahrrädern verbaut wird. Cinetica- Ausfallende Gleich vier Anliegen auf einmal verfolgte das Cinetica-Ausfallende von Cinelli, welches jedoch keine Marktbedeutung erlangte (BILD 106): * günstigere Schaltzugverlegung durchs Ausfallende; * schwenkbarer Sattelstrebenansatz; * Zapfen/Innenmuffen erleichtern den Rahmenbau; * Haken für Kettenaufhängung bei Radtransport ohne Hinterrad.
Online-Glossar Velotechnik von Christian Smolik |
Copyright und
redaktionelle Inhalte:
Dipl.Ing.FH Christian Smolik 18.05.2000
technische Umsetzung:
Dipl.Ing.FH Jörg Bucher zuletzt am 18.05.2000