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Online-Glossar Velotechnik von Christian Smolik

BAHNRAD

Spezialrad für > Bahnwettbewerbe, das in Geometrie, Antrieb und Ausstattung
speziell für den Bahn-Radsport konzipiert ist und ohne Schaltung und Bremsen
auskommt.

        Geometrie
Das klassische Bahnrad ist durch kurzen > Radstand und steilen > Steuerwinkel
auf Wendigkeit und Agilität getrimmt, damit die Fahrer v.a. beim > Sprint oder
beim > Punktefahren reaktionsschnell auf engem Raum agieren können.

Da die Bahnfahrer häufig in mehreren Disziplinen starten, weisen auch die Räder
für Einzelwettbewerbe wie Zeitfahren oder Verfolgung diese Geometrie auf (keine
Umgewöhnung nötig). Für diese Disziplinen könnten allerdings Bahnräder mit
besseren Geradeausfahreigenschaften vorteilhaft sein (s. > Fahrverhalten), da
jeder Schlenker und jede unnötige Lenkbewegung Kraft und Weg "kostet".

Ein Sonderfall ist das > Steherrad mit kleinem Vorderrad und zurückgebogener
Gabel (s.u.).

        Ausstattung
Während beispielsweise > Mountainbikes mit > Komponenten und > Zubehör
regelrecht protzen, glänzt das Bahnrad mit nachgerade spartanischer Strenge und
verzichtet auf alles, was nicht schnellstmöglicher Fortbewegung auf ebener
Strecke dient:

                ohne Schaltung
                & Bremsen
Es fehlt daher nicht nur die Schaltung, sondern sogar die Bremse!
Geschwindigkeitsverzögerung ist dank des > starren Gangs (s.u.) durch
Gegentreten möglich, was i.d.R. aber ohnehin erst hinter dem Zielstrich
erwünscht ist...

                Laufräder
Aus Gründen der > Aerodynamik geht heute der Trend vermehrt zur extremen >
Tropfenfelge, > Säbelspeichen, > Composite Wheels und vereinzelt zu >
Scheibenrädern.

Im Übrigen sind Bahnlaufräder zur Minimierung des > Luftwiderstandes mit
möglichst wenig Speichen ausgestattet (früher 24 statt der üblichen 36 Speichen,
heute durch Verwendung extremer Tropfenfelgen 16 und sogar weniger).

Typisch für Bahnlaufräder sind die Verlötungen der Speichen an den
Kreuzungsstellen: Damit vermeidet man zuverlässig Speichenbrüche durch
Resonanzschwingungen der Speichen und sichert im Falle eines Speichenbruchs die
Lage der Speichen.

Als Reifen werden nahezu ausschließlich > Schlauchreifen gefahren. Sie sind
besonders leichtlaufend und dennoch griffig, ihr > Protektor ist für die
Kurvenfahrten weiter um den Reifen herumgezogen als bei Straßenreifen.

Bahnreifen müssen besonders fest auf der Felge sitzen, weshalb sie mit Schellack
oder > Kontaktkleber statt dem ansonsten üblichen > Reifenkitt auf der Felge
fixiert werden, Einzelheiten s. > Bahnreifen.

                Lenker
Normalerweise wird ein dem herkömmlichen > Rennlenker Ähnlicher, aber tiefer
ausgestellter Bahnlenker gefahren. Bei Einzelwettbewerben sieht man jedoch
zunehmend den > Tria-Lenker, der die aerodynamisch günstige > American Position
ermöglicht, wegen seines schlechteren Steuerverhaltens aber nur in
Einzelwettbewerben erlaubt ist. Der > Obree-Lenker ist von der > UCI nicht
zugelassen.

        Antrieb starrer Gang
Der > Antrieb erfolgt wie in Velo-Urzeiten mit > starrem Gang, d.h. ohne >
Freilauf und Schaltung. Es muß also ständig mitgetreten werden.

Vorteil: Keine zusätzlichen Reibungsverluste durch > Schaltungsrädchen oder
Kettenschräglauf. Außerdem erleichtert der starre Gang dem Sprinter seine
Stehversuche (gestattet minimales Vor- und Zurückfahren).

                breitere Kette
> Kette, > Ritzel und > Kettenblatt des Bahnrades sind i.d.R. breiter ausgeführt
(1/2" x 1/8") als die des mit > Kettenschaltung ausgerüsteten Straßenrennrades
(1/2" x 3/32"), was eine stabilere Bauweise dieser Antriebseinheit mit besseren
Führungseigenschaften ermöglicht und den Antritt direkter (geringere
Elastizität) gestaltet. Aufgrund der heute entschieden hochwertigeren schmalen
Rennketten, kommen diese vermehrt auch am Bahnrad zum Einsatz (höhere Bruchlast,
höhere Verschleißfestigkeit), die dann entsprechend schmalere Ritzel und
Kettenblätter erforderlich machen.

                Übersetzungs-
                wechsel
Unterschiedliche > Übersetzungen können am Bahnrad nur durch Austausch von >
Kettenblatt und/oder > Ritzel realisiert werden. Daher ist das hintere >
Ausfallende nach hinten offen: So kann durch Zurücksetzen des Hinterrades der
veränderte Achsabstand ausgeglichen und die Kette ohne weitere Hilfsmittel
problemlos gespannt werden.

In Einzelwettbewerben sind übrigens seit 1992 Schaltungen erlaubt, werden bisher
aber nur selten eingesetzt. Sinnvoll wären sie, um die Beschleunigungsphase
ökonomischer zu gestalten.

                Bahn-
                Übersetzungen
Da Bahnwettbewerbe im Grenzbereich menschlicher Leistungsfähigkeit absolviert
werden, müssen die Übersetzungen exakt auf den Fahrer zugeschnitten werden. Wem
beispielsweise die > Übersetzung von 48/14 zu "dick" ist, der tritt mit 48/15
nahezu ins Leere. Mit den Übersetzungen 46/14 oder 50/15 kann er jedoch einen
"Zwischengang" auflegen.

Für die Realisierung von Bahnübersetzungen stehen folgende Kettenblätter und
Ritzel zur Verfügung:

Kettenblätter: 42 - 56 Zähne;
       Ritzel: 12 - 17 Zähne;
Beispiele gefahrener Übersetzungen:

      Stundenweltrekord: 56/14 (Moser);
                                      60/14 (Rominger)
                         Steher: 68/15;
       Sechstagerennen: 48/14.

Zu von der gängigen Norm abweichenden Bahnradtypen s. > Steherrad; > FES; >
Lotus; vgl. außerdem > Zeitfahrrad.



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Copyright und redaktionelle Inhalte:
Dipl.Ing.FH
Christian Smolik 18.05.2000
technische Umsetzung:
Dipl.Ing.FH
Jörg Bucher zuletzt am 18.05.2000