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Online-Glossar Velotechnik von Christian Smolik

CARBONRAHMEN

Außer einzelnen Komponenten lassen sich auch komplette Fahrradrahmen aus >
Carbon fertigen.

Seit den Anfängen des Carbonrahmenbaus Anfang der 80er Jahre haben sich
verschiedene Bauweisen und v.a. > Carbon-Rahmenformen entwickelt. Um den
Werkstoff Carbon mit einer auf ihn zugeschnittenen Bauweise zu optimieren, hat
sich die Form moderner Carbonrahmen deutlich von der herkömmlicher Metallrahmen
entfernt.

Zwei grundsätzlich Methoden stehen sich gegenüber:

* Die Bauweise mit runden Carbonrohren, die konventionell mit > Muffen gefügt
werden;
* verschiedene carbonspezifische Bauweisen, bei denen entweder mehrere größere
Rahmenteile zusammengefügt werden oder der komplette Rahmen in einem Stück
gefertigt wird ("Monocoque").

Rundrohr-Rahmen
Die ersten Carbonrahmen wurden bereits vor 1980 in den USA gefertigt und
vertrieben. Es waren > Rundrohr-Rahmen, die mittels > Alumuffen und >
Klebetechnik gefertigt waren. Da die Rohre dieser Rahmen noch aus Gewebematten
lanimiert wurden (s. > Laminieren), besaßen die Rahmen eine hervorragende >
Elastizität und > Dämpfung, aber ungenügende > Seitensteifigkeit. Diese Schwäche
wurde bei der zweiten Generation solcher Rahmen ab 1989 mit zusätzlichen
unidirektionalen Faserlagen behoben, welche v.a. die > Biegesteifigkeit erhöhen.

        leichter
Verglichen mit Stahlrohr-Rahmen haben die Carbonrohr-Rahmen heute einen
Gewichtsvorteil: Inklusive Gabel wiegen Stahlrahmen je nach Rahmengröße, -typ
und Rohrwandstärke 2,3 - 3,2 kg, Carbonrahmen dagege 1,6 - 2,6 kg.

        steifer
Darüberhinaus warten optimierte Carbon-Rundrohrrahmen mit 20-30 % höherer >
Seitensteifigkeit auf als vergleichbare Stahlrahmen.

        nicht carbonspezifisch
Es hat sich jedoch gezeigt, daß das Nachbauen des für dünnere metallische
Rundrohre optimalen > Diamantrahmens in Carbon nicht der Weisheit letzter Schluß
ist. Das Material ermöglicht bzw. verlangt sogar nach einer voluminöseren
Bauweise, um die Vorteile seiner gerigen Dichte ausnutzen zu können:

Größere Rohrquerschnitte sowie gerundete Rohr-zu-Rohr-Übergänge versteifen den
Rahmen in vertikaler Richtung, die > Fahrdynamik leidet drastisch: Die Rahmen
werden vertikal zu unnachgiebig und neigen zur > Spurversetzung (seitl.

Wegspringen) v.a. in Kurven mit unebenem Fahrbahnbelag.

Sinnvoller sind weniger vergitterte Rahmenformen, bei denen größere und
ovalisierte Querschnitte die Lastanteile der weggelassenen Rohre übernehmen:

 Schalenrahmen
Obwohl ein Rohr strenggenommen auch eine Schale ist, sei der Begriff hier für
die carbonspezifische Bauweise in großflächigen Schalen reserviert, zumal der
Begriff im Frz. hierfür verwendet wird (s.u. Monocoque).

        zweischaligeRahmen
Als günstiger erwies sich die Mitte der 80er Jahre erstmals aus Schalen
hergestellte > Schleifenform der Firmen Bianchi und Colnago, die durch größere
Rohrquerschnitte ausreichende Steifigkeit erzielten, um auf das > Sattelrohr
verzichten zu können. Bei guter Seitensteifigkeit warten diese Rahmen mit
verbessertem Fahrkomfort auf.

Bei dieser Bauweise werden die annähernd symmetrischen rechten und linken
Hälften des Rahmens getrennt hergestellt und abschließend zusammengeklebt.

                FES-Rahmen
Ein weiterer Vertreter dieser Bauweise ist der seit 1987 in der damaligen DDR
gebaute > FES-Rahmen, Einzelheiten s.d. Er wurde sowohl in Diamant- als auch in
Schleifenform gebaut.

Der nur von Spitzenathleten gefahrene FES-Rahmen offenbarte exemplarisch die
prinzipielle Schwachstelle der zweischaligen Bauweise, nämlich die Klebenaht:

Die beiden Rahmenhälften neigten anfangs zum Auseinanderplatzen, weil insbes.

die > Torsionsbelastungen über die Klebestelle verlaufen.

                Heißpressen
Durch das Heißpreßverfahren, bei dem thermoplastisch gebundene Carbonplatten
(sog. "Organobleche") auf großen Pressen unter Wärmeeinwirkung zu
Schalenprofilen verformt werden, hat die Schalenbauweise (> "Infinity"-Rahmen)
neue Aspekte bekommen. Es bleibt aber das Klebenahtproblem, obgleich per
gefalzter Formgebung hier Verbesserungen erzielt wurden, vgl. auch >
Schalenbauweise.

        Monocoque-Rahmen (einschalig)
Die Lösung des Klebenahtproblems war seine Vermeidung durch einteilige Bauweise.

1988 brachte > Kestrel den ersten komplett in einem einzigen Stück gefertigten
Carbon-Rahmen heraus, der als Monocoque d.h. "Einschaler" bezeichnet wurde (von
frz. coque "Schale") und das Gewicht hochwertiger Stahlrahmen um rund 300 Gramm
unterbot.

Das Verfahren verlangt mehrteilige und damit sehr komplizierte Formen, in denen
der spätere Rahmen als nahtlose Einheit laminiert wird (s. > Carbon:

Herstellungsverfahren).

Versuche, komplette einschwingige Rahmen zu wickeln (> Carbon:

Herstellungsverfahren), sind noch im Experimentierstadium, würden aber die
Herstellungskosten deutlich senken.

        mehrteilige Rahmen
Als Zukunftsperspektive bieten sich darüberhinaus mehrteilige Rahmen an, deren
dann einfacher und rationeller zu fertigende Einzelteile (v.a. bei Wickeltechnik
durch Schraub/Klemm- oder Steck/Klebe-Verbindung zum fertigen Rahmen gefügt
werden.



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Copyright und redaktionelle Inhalte:
Dipl.Ing.FH
Christian Smolik 18.05.2000
technische Umsetzung:
Dipl.Ing.FH
Jörg Bucher zuletzt am 18.05.2000