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Online-Glossar Velotechnik von Christian Smolik

KRAFTFLUSS

Landläufige Bezeichnung für den Kräfteverlauf innerhalb von Bauteilen.

Der Kraftfluß kann bezüglich Gewicht und Dauerbelastbarkeit des Bauteils dadurch
optimiert werden, daß durch geschickte Formgestaltung Regionen vermieden werden,
in denen es höher als in seiner Umgebung belastet wird. Das ist bei einseitig
eingespannten Bauteilen i.d.R. die Einspannzone, wenn die Kraft (Beispiel >
Pedalachse, > Lenkervorbau, > Sattelstütze) am freien Ende des eingespannten
Teils angreift bzw. bei einem rohrartigen Bauteil, wenn sich an einer Stelle
plötzlich die Wandstärke reduziert (Beispiel: > Träger gleicher Biegespannung.

 Man spricht bei solchen Stellen vom "gefährdeten Querschnitt"). Besser ist es
daher, den Verlauf von > Belastungen zwecks Vermeidung von > Lastspitzen
innerhalb eines Bauteils möglichst kontinuierlich zu gestalten.

        guter Kraftfluß
Klassische Beispiele für guten Kraftfluß im Fahrradbau sind neben den nach unten
hin schlanker werdenden > Gabelbeinen insbesondere die > Pedalachsen:

                Pedalachse
Ihre Ausarbeitung in Form eines > Trägers gleicher Biegespannung, indem die
Achse zum offenen, nicht eingespannten Ende hin schlanker ausläuft, da der
Hebelarm zur Krafteinleitstelle hin kleiner wird. Neben Gewichtseinsparung
werden hierdurch in der Achse Querschnittsprünge vermieden, Belastungspitzen
(z.B. durch > Pedalaufsetzer) können darüberhinaus gleichmäßiger ausgefedert
werden, da es über die gesamte Achslänge zu > elastischen Verformungen kommt.

Hätte die Pedalachse über die gesamte Länge den gleichen Durchmesser, so würde
sich nur der Bereich der Einschraubstelle verformen (längster Hebelarm).

ähnliche Optimierungen lassen sich auch bei Lötverbindungen (> Löten) durch
spezielle Formen der > Muffen erreichen, oder bei > Klebeverbindungen durch am
Ende dünner werdende > Klebestutzen und > Rahmenrohre.

        schlechter Kraftfluß
Ein Beispiel für ungünstigen Kraftfluß lieferte eine Serie von Lenkerbrüchen
Ende der 80er Jahre, wobei ironischerweise gerade eine Verstärkung zur
Schwächung führte:

                Querschnittsprung
Der schroffe Übergang von der Innenverstärkung dieser Lenker zum unverstärkten
Lenkerrohr (Querschnittssprung in der Wandstärke) führte zu einer auffälligen
Bruchhäufung (gefördert noch durch versehentlich unmittiges Einbringen dieser
Verstärkung). Grund: Genau in der Nähe des kritischen Querschnitts
(Einspannstelle des Lenkers im > Vorbau und damit am längstmöglichen Hebelarm
des Lenkers) endete die Verstärkung. Zudem ist an dieser Stelle der Lenker
infolge der Vorbauklemmung bereits unter Spannung gesetzt.

Was ein Sicherheitsplus sein sollte, wurde so durch ungünstigen Kraftfluß zu
einem gravierenden Risikofaktor, wobei noch anzumerken ist: Ohne
Innenverstärkung wären die Lenker sicher nicht gebrochen
Günstiger, da einen besseren Kraftfluß bietend, wirkt sich - beginnend an der
Einspannstelle -eine kontinuierliche Verringerung der Wandstärke aus, noch
besser in Verbindung mit einem kontinuierlich reduzierten Außendurchmesser.



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Copyright und redaktionelle Inhalte:
Dipl.Ing.FH
Christian Smolik 18.05.2000
technische Umsetzung:
Dipl.Ing.FH
Jörg Bucher zuletzt am 18.05.2000