Online-Glossar Velotechnik von Christian Smolik |
Verfahren, nach denen die einzelnen > Lager in Bauteilen angeordnet sind. Hierbei unterscheidet sich die Bauart, je nachdem die Lagerung zur Fixierung, Führung oder Lastaufnahme von sich drehenden Teilen dient. Wichtig ist die reibungsarme Lagerung, was im Fahrradbereich i.d.R. durch Kugeln (vereinzelt auch Nadeln) zwischen den Drehteilen erreicht wird, die durch > Lagerfett geschmiert werden. Im Folgenden werden die im Fahrradbereich verwendeten Lagerungstypen unter dem Gesichtspunkt ihrer grundsätzlichen technischen Konstruktionsweise betrachtet. Einzelheiten zu ihrer speziellen Ausführung finden Sie unter den Stichwörtern: > Nabenlagerung, > Tretlagerung, > Pedallagerung, > Steuersatz. Da am Fahrrad bei drehenden Teilen > Kräfte überwiegend senkrecht zur Drehrichtung (radial) auftreten - z.B. Achsenden - sind fast alle Fahrradlagerungen als > Radiallager (Querlager) ausgelegt. Ausnahme: Das > Axiallager bei hochwertigen Seitenzugbremsen zwecks Reibungsminderung zwischen den Bremsarmen. Kugellagerung Bei diesem klassischen und am Fahrrad immer noch meistverwandten Lagertyp rollen Stahlkugeln zwischen beiden Drehteilen, was die Reibung minimiert. Kugellager wurden bereits bei den ersten serienmäßig fabrizierten Kurbelrädern eingesetzt (> Michauline, bis dahin > Gleitlager. Sie trugen durch die minimierte Reibung zusammen mit der 20 Jahre später aufkommenden Luftbereifung entscheidend zum Leichtlauf des Fahrrades und damit seinem Erfolg bei. Heute werden drei in Konstruktion und Bauweise verschiedene Kugellagertypen am Fahrrad eingesetzt: Konuskugellager Urform des Kugellagers, welches i.G.z. Industriekugellager (s.u.) in Einzelteile zerlegbar ist. Diese sind: > Lagerschale, > Lagerkugeln, > Konus. Der Konus zwingt die in der Lagerschale liegenden Kugeln auf eine Kreisbahn, so daß sie zwischen ihm und der Schalenwand eingegrenzt rollen (z.T. von > Kugelkäfigen auf Abstand gehalten). Für möglichst reibungsarmen Lauf entscheidend ist das optimal eingestellte > Lagerspiel. Vorzug des simplen Konuskugellagers: Es kann von Hand eingestellt werden (s. > Lagereinstellung), leichter Verschleiß mit dem daraus resultierenden axialen Spiel kann durch entsprechende Nachkonterung ausgeglichen werden. Das Konuskugellager hat sich als meistverwendeter Lagertyp am Fahrrad bis heute gehalten, weil es einfach, wirkungsvoll, leicht und dabei preiswert ist. Es wird neuerdings allerdings zunehmend durch > Industrielager ersetzt, v.a. in Form von > Patronenlagerungen, s.u. Konuskugellager besitzen eine sehr kleine Bauhöhe und können trotz der Aufnahme starker Kräfte gewichtsgünstig ausgelegt werden (v.a. bei Verwendung von > Leichtmetallen für die Lagerschalen in Verbindung mit Konus und Lagerschalenringen aus Stahl). Konuskugellager haben darüberhinaus die angenehme Fähigkeit, bei nicht zentrisch oder leicht "taumelnd" zueinander stehenden Konen und Lagerschalen - Fertigungsmängel oder leichte > elastische Verformungen von Achsen/Wellen bei hohen Belastungen im Fahrbetrieb - mittels geringfügiger Diagonallaufbahnen diese kleine Ungenauigkeiten auszugleichen. Probleme Von technisch wenig versierten Radlern wird oft die > Lagerwartung als Nachteil dieses Lagertyps empfunden (i.G.z. wartungsfreien Industrielager, s.u.), die einmal pro Jahr fällig wird. Wie beim Auto kann man sich diese Arbeit freilich auch von der Werkstatt abnehmen lassen. Probleme können beim Konuskugellager ferner auftreten, wenn Konus oder Lagerschalen aufgrund ungenau gefertigter Gewinde (kann selbst bei hochwertigen Lagern vorkommen) größere zentrische oder taumelnde Abweichungen voneinander besitzen, die nicht mehr durch o.g. Anpassungfähigkeit ausgeglichen werden können. Bei jedem Lagerumlauf müssen sich dann die Kugeln durch eine Engstelle quetschen, was mit raschem Lagerverschleiß einhergeht. Wälzlager Lagereinheit aus > Innen- und > Außenring sowie zwischen beiden die Reibung mindernden Kugeln, Rollen oder Nadeln. Dies Rollkörper werden i.d.R. von "Käfigen" gefaßt auf gegenseitigen Abstand gehalten. Diese Einheit wird im allgem. Sprachgebrauch schlicht "Kugellager" genannt, von Radfahrern aber, da sie üblicherweise > Konuskugellager verwenden, "Industriekugellager" genannt. Dieser Name rührt aus der nahezu ausschließlichen Verwendung dieser Lager im Maschinenbau, also in der Industrie. Da die Werkstoffe von Wälzlagern hinsichtlich Oberflächenbeschaffenheit (Laufbahnhärte und -glätte, vgl. > Honen) sowie > Lagerluft (> Lagerspiel von wenigen tausendstel Millimetern) optimiert sind, besitzen sie eine höhere Lebenserwartung als Konuskugellager. Durch Staubkappen oder Gummiabdichtungen sowie eine fabrikseitige Füllung mit hochwertigem > Lagerfett wird die Lebensdauer noch weiter gesteigert, so daß sie weitestgehend wartungsfrei sind. Im Vergleich zu üblichen Konuskugellagern sind die Baugrößen etwas größer, außerdem können Wälzlager nur geringe axiale Kräfte aufnehmen (max 25% der Radiallast). Ausnahme: spezielle > Axialkugellager. Aus den heute gängigen Wälzlagertypen finden die folgenden im Fahrradbereich Anwendung: Rillenkugellager Meistverwendeter Wälzlagertyp, bei dem Innen- und Außenring eine Rille als > Kugellaufbahn aufweisen. Einsatz als Naben-, Pedal- und Tretlagerungselement, gelegentlich bei > Schaltungsrädchen eingesetzt. Sonderbauform: Das zweireihige Rillenkugellager, das z.T. Anwendung bei der Tretlagerung findet, da es resistenter gegen > Scherkräfte infolge von > Achsbiegungen ist. Nadel- & Rollenlager Statt Kugeln als Rollkörper besitzen diese Lager schlanke oder gedrungene Rollen, die entweder gleich auf der Welle bzw. Achse laufen oder auf separaten Innenringen. Die beim Rillenkugellager vorhandene Rollbahnrille entfällt, die Rollbahn ist plan. Verglichen mit einem Kugellager hat man größere Reibungsverluste, aber einen weitaus geringeren Verschleiß. Bei kleiner Bauhöhe können bes. Nadellager sehr hohe > Radialkräfte aufnehmen, aber keine > Axialkräfte. In Sonderbauweise, bei der Innen- und Außenring nicht plan, sondern kegelig aufgeführt sind, sind auch Axialkräfte übertragbar, die Lager müssen dann spielfrei eingestellt werden, s. > Lagereinstellung. Anwendung am Fahrrad: Pedal- und Tretlagerung, kegelig beim > Steuersatz. Keine Anwendung im Fahrradbau finden > Schulterkugellager (auch "Schrägkugellager" genannt): Ähnlich gebaut wie ein Konuskugellager, ist der Auslauf der Kugellaufbahn höher gezogen, wodurch neben Radialkräften auch sehr hohe Axialkräfte (in eine Richtung) aufgenommen werden können. Patronenlager Hier wird die komplette Lagerung als Patrone in dem jeweiligen Bauteil fixiert. Die Lagereinstellung erfolgt beim Hersteller, die Patrone muß nur noch eingeschraubt oder -gesteckt werden. Anwendung am Fahrrad: Pedal- und Tret-, z.T. (> Mavic) auch Nabenlagerung. Für die > Tretlagerung haben sich zwei Typen des Patronenlagers etabliert: * Patrone aus Achse, Industriekugellager und Patronenhülse, * Patrone aus Achse mit eingeschliffenen Kugellaufbahnen, Außenschalen und Patronenhülse. Ansätze zur Patronenlagerung bestehen auch bei der Schaltung (Lagerung der > Schaltschwinge mancher Hersteller), wobei allerdings noch auf Gleitlager zurückgegriffen wird, Sachs bei der "New Success" jedoch schon ein Rillenkugellager einsetzt. Gleitlager älteste Form der Lagerung, bei der sich Wellen, Achsen oder Zapfen vollflächig in Lagerschalen drehen oder schwenken. Gleitlager können höhere Kräfte aufnehmen als Kugel- oder Rollenlager, besitzen aber nicht deren reibungsarmen Leichtlauf, da die > Reibungsverluste bei Gleitreibung höher sind als bei Rollreibung (s.a. Rechenbeispiel bei > Lagerreibung). Ausnahme: In der Fahrradtechnik nicht vorkommende Lagerungen bei sehr hohen Drehzahlen (über 10.000 U/min), dann "schwimmt" die Welle berührungsfrei auf dem Schmiermittel. Am Fahrrad finden Gleitlager noch Anwendung bei den > Kettenrädchen, > Viergelenktrieben von > Schaltschwinge und > Umwerfergabel, in den Kettengelenken, in den Drehgelenken von > Fahrradfederungen sowie bei der Lagerung der > Bremsarme der meisten > Felgenbremsen. Weitere Informationen s. > Lagereinstellung, > Lagerspiel, > Lagerdichtung u.ä.
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Dipl.Ing.FH Christian Smolik 18.05.2000
technische Umsetzung:
Dipl.Ing.FH Jörg Bucher zuletzt am 18.05.2000