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Online-Glossar Velotechnik von Christian Smolik

NASSBREMSUNG

Oberbegriff für die Auswirkungen von feuchter Witterung auf das Bremsverhalten
von Fahrzeugen.

Durch den Zutritt von Wasser verändern sich zwei entscheidende Faktoren beim
Abbremsen eines Fahrrades:

1. die > Traktion zwischen Reifen und Fahrbahn verringert sich (bei Naturtrassen
oft erheblich);
2. Bei > Felgenbremsen verringert sich der > Reibungskoeffizient (> Reibbeiwert;
bleibt bei > Nabenbremsen von Nässe unberührt).

        kritisch bei Felgenbremsen
Aus 2. ergibt sich, daß die Naßbremsung ausgerechnet beim häufigsten Bremsentyp
ein Problem ist:

Der Reibwert hängt nämlich nicht nur vom verwendeten Bremsgummi, sondern auch
vom Felgenmaterial ab. Stahlfelgen haben bei Nässe i.A. die schlechteste
Reibwirkung, ungünstig sind in dieser Hinsicht auch die an sich hochwertigen
hartanodisierten bzw. eloxierten Aluminiumfelgen, während die unbehandelte
(preßblanke) einfache Aluminiumfelge am besten abschneidet. Übertroffen werden
sie noch von den künstlich angerauhten Felgen sowie von keramikbeschichteten
Felgen (s.u.).

Einzelheiten des Bremsverhaltens können Sie der folgenden Tabelle entnehmen.

Tabelle:Reibwerte Bremsgummis
Reibwerte naß/trocken bei unterschiedlichen Aluminium-Felgenoberfläche
        preßblank       überschliffen   eloxiert        Keramik
Standard        0,2/0,7 0,22/0,7        0,1/0,75        0,35/0,65
Naßbremsgummi   0,25/0,65       0,25/0,65       0,2/0,7         0,3/0,65
Reibwerte naß/trocken bei verchromten Stahlfelgen
Standard                0,07/0,6
Naßbremsgummi   0,17/0,55
Anmerkung: Die Reibwerte variieren in der Praxis durch die Planparallelität der
Felgen/Brems-Flanken zueinander.

        Hintergründe
Der Begriff Naßbremsung ist insofern etwas irreführend, als Wasser im Normalfall
(Regen) ja bereits durch die Fliehkraft der sich drehenden Reifen abgeschleudert
wird bzw. nach spätestens einer Radumdrehung vom Bremsgummi abgestriffen ist
(wer bremst schon bei einer Flußdurch-querung, dem einzigen Fall, bei dem die
Felge konstant benetzt bleibt?). Das wirkliche Problem ist ein hauchdünner
Restfilm, der aber immer noch die Reibung zwischen Felge und Bremsgummi
beeinträchtigt, wobei gerade diese Grenzschicht eine sehr intensive Bindung an
die Metalloberfläche besitzt.

        Maßnahmen
Möglichkeiten, diesen Film zu durchbrechen und damit den Reibungskoeffizienten
zu erhöhen, bestehen darin, einen oder beide Reibpartner griffiger zu gestalten:

                härtere Bremsgummis
Spezielle > Naßbremsgummis enthalten härtere Bestandteile, die den Naßfilm
punktuell frühzeitig durchreißen. Nachteil: höherer Felgenverschleiß.

                Keramik-Beschichtung
Eine spezielle Schicht auf den Felgenflanken (s. > Keramikbeschichtung) verleiht
diesen eine rauhere und damit reibungsträchtigere Oberfläche. Nachteil: Unter
trockenen Normalbedingungen verschleißen die Bremsgummis entschieden schneller.

                aufgerauhte Felgenflanken
Mit grob überschliffenen Bremsflanken versuchen viele Hersteller, die Bremsnorm
innerhalb der > DIN 79 100 zu erfüllen.

Dies ist eine recht vordergründige Maßnahme, da nach spätestens 1000-2000 km die
rauhe Schicht glattgebremst ist, die Lebensdauer einer Felge aber bis zu 40.000
km betragen kann. Natürlich bremst sich auch die hartanodosierte oder eloxierte
Schicht in einer Ähnlichen Betriebsdauer ab, so daß das Bremsverhalten aller
Alumiumfelgen die meiste Zeit ihres Daseins als annähernd gleich gelten kann.

Selbsthilfe: Verkleinern der Bremsgummifläche, um per höherer Flächenpressung
den Wasserfilm schneller zu durchbrechen. Achtung: Kleinere Bremsgummis
verschleißen schneller, daher häufigere Kontrollen der Gummis und ggf. Austausch
vornehmen.



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Copyright und redaktionelle Inhalte:
Dipl.Ing.FH
Christian Smolik 18.05.2000
technische Umsetzung:
Dipl.Ing.FH
Jörg Bucher zuletzt am 18.05.2000