Online-Glossar Velotechnik von Christian Smolik |
Ins > Tretlagergehäuse eingebaute > Lagerung für den > Kurbelantrieb eines Fahrrades, landläufig auch als "Tretlager" oder "Innenlager" bezeichnet. Prinzip Eine kugelgelagerte > Tretlagerachse wird von in das Tretlagergehäuse geschraubten > Lagerschalen zentriert. Die Art der > Kugellagerung ist unterschiedlich, s.u.Frühere Tretlagerungen wurden ausschließlich als > Konuskugellager ausgeführt. Ab etwa 1975 kamen hier vermehrt > Industriekugellager zum Einsatz; seit 1994 überwiegen hingegen > Patronenlagerungen, da sie in erster Linie Montage-Erleichterungen für den Hersteller bieten. Konus-Tretlager Die einfache und bewährte Konuslagerung tritt in folgenden Varianten auf: BSA-Lager Als > BSA-Lager werden Tretlagerungskonzeptionen bezeichnet, bei denen auf der Tretlagerachse gleich zwei > Festkonen ausgebildet sind. Die > Lagereinstellung erfolgt über die linke Tretlagerschale und wird mittels > Gewindering gekontert. Zuvor wird die rechte Schale fest bis zum Bundanschlag eingedreht. Diese Tretlagerungsart wird in drei Baubreiten ausgeführt: 1. Original BSA-Lagerung mit 68 mm breitem Tretlagergehäuse besitzt und einer Gewindeabmessung von 1,37 x 24; 2. Sonderbreite für MTBs mit 73 mm; 3. ital. Ausführung mit 70 mm breitem Tretlagergehäuse und der Gewindeabmessung 36 x 24. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal dieser Konzeption ist das > Linksgewinde für die rechte Lagerschale bei der Original-BSA-Ausführung, während die ital. Version > Rechtsgewinde aufweist. Andere Gewindeabmessungen s. > Tretlagergewinde. Gebräuchlichster Durchmesser von > Lagerkugeln für Tretlagerungen ist 6,35 mm (1/4"). Das BSA-Lager ist in Deutschland der verbreitetste Lagerungstyp. Seinem Vorteil, daß sich die rechte Lagerschale nicht so schnell selbständig lockert, steht der Nachteil einer geringeren > Stützbreite gegenüber (im Vergleich zur ital. Tretlagerung). Glockenlager Tretlagerungen mit an der Kurbel befestigten, glockenförmig anmutenden > Staubkappen, die gewindelos im Tretlagergehäuse verpreßt werden. Die Kugellaufbahn liegt i.U. zum BSA-Lager in Richtung Lagermitte und die Konen reichen von außen in die Lagerschalen hinein. Auf der rechten Achsseite befindet sich der > Festkonus, die Lagereinstellung erfolgt über den > Stellkonus auf der linken Achsseite per Linksgewinde. Beide Konen werden abschließend von übergestülpten, gerundeten Staubkappen abgedeckt, wobei die rechte Staubkappe als glockenförmige Auswölbung des > Kettenblatts ausgeführt ist - daher der Name. Zur Aufnahme der Tretkurbeln besaß diese heute nicht mehr gebaute Tretlagerung bereits einen Vierkant. Thompson-Lager Abgelöst wurde das Glockenlager durch das rationeller herstellbare Thompson-Lager, das eine grundsätzlich gleiche Konzeption aufweist, sich äußerlich durch die kantigen Staubkappen unterscheidet, v.a. aber durch die > Keilbefestigung der Tretkurbeln. Eine weitere Rationalisierungsmaßnahme stellte die einkeilige Version des Thompson-Lagers dar, bei der die rechte Tretkurbel mittels Rändelung gleich fest auf der Tretlagerachse verpreßt wurde. Da dies Keilbefestigung aber den Praxisbedingungen selbst von Normalradlern auf Dauer nicht standhielt, wird dieser Tretlagertyp heute nahezu ausschließlich wieder per Vierkant befestigt. Die Kugeln in Konustretlagerungen besitzen einen Durchmesser von 1/4 Zoll (6,35 mm) und werden i.A. in > Kugelringen eingelegt. Hobbymonteure legen die Kugeln häufig einzeln ein und bekommen so mehr Kugeln in die Lagerschalen, ein Mehraufwand, der mit einer längeren Betriebszeit belohnt wird. Als Sonderform vgl. die Lagerung beim > Fauber-Antrieb. Industrielager Bei prinzipiell gleicher Bauart wie die BSA-Konuslagerung wird auf jeder Achsseite je ein > Industriekugellager per > Paßsitz von Achse und Lagerschale aufgenommen. In der Ausführung mit zwei Industrielagern auf jeder Achsseite bzw. alternativ hierzu einem doppelreihigen Industrielager auf jeder Achsseite sind Tretlagerungen mit Industrielagern besonders biegesteif. Im Unterschied zur BSA-Lagerung sind hier Ausführungen auf dem Markt, bei denen beide Lagerschalen mit einem > Gewindering gekontert werden und so eine geringfügige Korrektur der > Kettenlinie ermöglichen. Patronenlager Als Patrone ausgeführte Einheit von Tretlagerachse und ihrer Kugellagerung, d.h., das > Lagerspiel ist bereits vom Werk aus eingestellt, die Patrone muß nur noch ins Tretlagergehäuse verschraubt werden, wozu sich für die Fahrradhersteller Montagevorteile ergeben. Noch günstiger sind diesbezüglich Patronenlagerungen für einfache Gebrauchsräder, die ohne Gewinde einfach im Tretlagergehäuse verpreßt werden. PROBLEME Der Normalradler hat selten Probleme mit der Tretlagerung. Vom sportlichen Radler wird sie allerdings so hoch belastet, daß elastische > Achsbiegungen im Bereich um 0,5 mm auftreten. Das mindert nicht nur die Lebensdauer der Lagerung, sondern kann bei kräftigen > Wiegetritten auch zum Schleifen der Kette an der > Umwerfergabel führen, da das > Kettenblatt ja wie ein Verlängerungszeiger der Tretlagerachse wirkt. Nach wie vor gilt bezüglich > Biegesteifigkeit die Konuskugellagerung als robusteter Tretlagerungstyp, der jedoch von Sonderbauweisen des Industriekugellagers (auf jeder Achsseite ein doppelreihiges oder zwei Kugellager) noch übertroffen wird. Wegen seiner größeren > Stützbreite gilt außerdem die Ausführung der Tretlagerung mit ital. Gewinde (s.o.) als biegesteifer im Vergleich zur Original-BSA-Lagerung (s. > Tretlagermuffe). Aus diesem Grund ist übrigens bei einigen MTBs das Tretlagergehäuse verbreitert worden, benötigt dann aber darauf zugeschnittene Spezialtretlagerungen. Bei den meisten Patronenlagern ist die Stützbreite reduziert, was bei Sportradlern immer wieder zu den o.g. Problemen führt. Da die Tretlagerung an schmutzexponierter Stelle angebracht ist (Spritzwasser vom Vorderrad), wurden in den letzten Jahren kontinuierlich die > Dichtungen der Tretlagerungen verbessert. Statt der früher üblichen "Spaltdichtung" werden nun vermehrt auf der Achse oder dem Kugellagerinnenring schleifende oder mitlaufende Dichtungen eingesetzt. Faustregel für die Tretlagerwartung: Konus-Tretlagerungen mind. einmal pro Jahr säubern und neu fetten - verschlissene Lagerteile ggf. austauschen. In Industriekugel- oder Patronenlagerbauweise ausgeführte Lagerungen fahren, bis axiales > Spiel auftritt, dann Kugellager bzw. ganze Patrone auswechseln. Tabelle: Tretlagerung Gewindetyp Gewinde- Abmessung Gehäusebreite Achsbreite in mm Rennrad Gebrauchsrad MTB* BSA*** 1,37x24*** 68 mm 103-119 113-125 107-132 Italien 36x24 70 mm 103-119 113-125 107-132 Frankreich 35x1 68 mm 107-119 113-125 - Schweiz** 35x1 68 mm 107-119 113-125 - * Bei MTBs von einigen US-Firmen beträgt die Gehäusebreite 73 mm; Bei BSA- und schweizerischen Gewindeausführungen besitzt die rechte Lagerschale ein Linksgewinde; *** Die ISO-Gewindeausführung 1,375x24 ist nicht gebräuchlich, stimmt aber mit der Älteren Raleigh-Ausführung überein. Zum Vergleich: 1,37" entspricht 34,798 mm, 1,375" entspricht 34,925 mm. Anmerkung: Der > Vierkant von Achse und Kurbeln wird von > Campagnolo schlanker hergestellt. Bei Kombinationen kann sich daher die > Kettenlinie verschieben. Wird z.B. eine Kurbel von > Shimano auf eine Campa-Achse aufgezogen, so verschiebt sich die Kettenlinie um rund 4 mm nach innen - bei einer alten TA-Kurbel sind es sogar 8 mm. Achten Sie im umgekehrten Fall darauf, daß die Stecklänge (Maß "ST" in der Übersichtsskizze) mindestens 11 mm beträgt, um eine sichere Verbindung zwischen Achse und Kurbel zu gewährleisten. Übrigens verschieben moderne, gekröpfte Kurbeln die Kettenlinie nach außen und benötigen daher eine schmalere Achse.
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Dipl.Ing.FH Christian Smolik 18.05.2000
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Dipl.Ing.FH Jörg Bucher zuletzt am 18.05.2000