Kapitel 7: Reifen
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Fahrradreifen sind die Kontaktpartner des
Fahrrades zur Fahrbahn. Mit Luft gefüllt erhalten sie ihre elastisch federnde Eigenschaft
und sind dadurch eine wichtige Voraussetzung für den Leichtlaufes von Fahrrädern. Der
Leichtlauf von Reifen, mit dem wir uns weiter unten noch intensiver beschäftigen, hängt
in erster Linie vom gefahrenen Reifendruck ab und sinkt nahezu linear mit der Zunahme des
Reifendruckes. Beim ungefederten Fahrrad trägt der Reifen den größten Teil zum
Fahrkomfort bei, der mit zunehmendem Reifenvolumen und abnehmendem Reifendruck größer
wird. Bei zu geringem Luftdruck hingegen besteht die Gefahr eines Durchschlags. Auch das
gefederte Fahrrad profitiert noch von dem spontanen Einfederungsverhalten der Reifen. Weiterhin obliegt es dem Reifen mit seiner Bodenhaftung, den Fahrrädern Traktion und Spurtreue zu vermitteln. Hierzu müssen Straßenreifen eine gut haftende Gummimischung, Geländereifen ein entsprechend ausgeprägtes Reifenprofil besitzen.
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Grundsätzlich besteht der Reifen - wie in den Skizzen zu sehen - aus Schlauch, Karkasse und Protektor. Der Schlauch sorgt für die Luftdichtigkeit, der Karkasse (in Gummi eingelagerte Textilfäden) kommt die Aufgabe zu, die vom Reifendruck erzeugten Kräfte aufzunehmen und den Reifen in seiner Form zu stabilisieren. Der auch "Laufstreifen" genannte Protektor stellt Fahrbahnkontakt her und besteht aus abriebfestem aber gut haftendem Gummi. In den beiden Bauformen als Drahtreifen und als Schlauchreifen bilden Karkasse und Protektor eine den Schlauch umhüllende Einheit.
Man spricht zwar häufig bei der Karkasse von Gewebelagen, hat es jedoch mit zwei Lagen nebeneinander liegenden Fäden zu tun. Der Fadenverlauf der beiden Lagen ist um 90 Grad gegeneinander versetzt. In der Reifenfertigung erreicht man dies indem unter 45 Grad verlaufenden Fadenbahnen einfach doppelt gelegt werden. In den Einschlagkanten wird beim Drahtreifen der Reifendraht eingelegt, beim Schlauchreifen entsteht hier durch das spätere Vernähen die Reifennaht. Den Überstand der Fadenbahnen bemißt man etwa in Protektorbreite, so das an der Reifenflanke jeweils zwei Fadenlagen zu liegen kommen und im Protektorbereich drei Lagen. Das wirkt sich dann bereits als gewisser Pannenschutz aus, außerdem kostet es weniger Energie die Gewebelage als eine entsprechend dicke Gummischicht zu verformen.
Um dem Schlauch zwischen den Fäden hindurch kein Schlupfloch zu eröffnen, gummiert man die Fäden. Das fixiert die Fäden miteinander, läßt ihnen aber noch eine geringfügige Bewegungsfreiheit gegeneinander zu. Nun wird noch der Protektor aufgebracht und fertig wäre der Reifen. Früher geschah sowohl das fixieren der Fadenlagen wie auch das Aufbringen des Protektors ausschließlich mittels Gummilösung. Eine langwierige Prozedur, die bei der Karkasse sogar mehrfach durchgeführt werden mußte mit entsprechend langen Auslagerungszeiten zum Abdampfen der Lösungsmittel. Auch der fertige Reifen mußte dann noch ca. ein Jahr abgelagert werden, bevor er den Strapazen des Fahrbetriebes sicher widerstehen konnte.
Diese Verfahren wird heute noch, wie vor hundert Jahren bei einigen hochwertigen Schlauchreifen zelebriert, da solchermaßen hergestellte Reifen in Verbindung mit Baumwollfäden als Karkasse ausgezeichnete Dämpfungseigenschaften besitzen. Mehr und mehr setzt sich aber der rationeller zu fertigende vulkanisierte Reifen durch. Dabei wird in die Fadenbahnen eine Kautschuckmischung eingewalzt und samt dem später aufgebrachten Protektor in einer Form vulkanisiert. In der Form preßt man dann den Reifenrohling mit hohem Druck gegen die Formwandung, so daß sich das dort negativ eingebrachte Profil in den Protektor eindrückt. Der Vulkanisierprozeß an sich verwandelt die Kaugummi-artige Substanz des Kautschuks in die elastische und abriebfeste des Gummis. Vulkanisierte Reifen binden die Kakassenfäden sicherer ein und sind auch sofort nach dem Erkalten fahrfertig. Warum auch sie noch abgelagert werden erfahren sie weiter unten. Da die Substanz des Gummis elastischer ist, als die der eingetrockneten Gummilösung, besitzen vulkanisierte Reifen übrigens geringe Rollvorteile. Erkennen kann man die vulkanisierten Reifen an der glatteren Karkassenoberfläche und daran, das dort in erhabenen Buchstaben und Zahlen die Reifengröße aufgeprägt ist.
Diese Einheit wird beim Drahtreifen "Decke" oder "Mantel" genannt und in der Felge mittels Felgenhörnern zentriert. Der Schlauch wird als separates Teil lose zwischen Felge und Decke eingelegt. In den Rändern der Karkasse einvulkanisierte Armierungen (der Reifendraht) verhindern eine Durchmesseraufweitung des Reifens, so daß der Reifendruck die Decke nicht über die Felgenkante hinweg abspringen lassen kann.
Die übliche Reifenarmierung wird mit Stahldraht vorgenommen, daher auch der Name Drahtreifen. Schnüre aus Nylon-, Kevlar- oder (selten) Glasfasern machen den Drahtreifen faltbar, weshalb dann auch vom Faltreifen gesprochen wird. Da die Dichte der Schnüre weit unter der von Stahl liegt, wiegen Faltreifen bei gleicher Ausführung rund 50 bis 100 Gramm weniger als die "echten" Drahtreifen.
Der Schlauch wird bei diesem Reifentyp rundum in die Karkasse eingenäht, wodurch der Reifen zum kompletten Bauteil wird. Die Fixierung auf der Felge erfolgt mittels Reifenkitt oder doppelseitig klebendem Reifenklebeband in dem muldenförmig ausgebildeten Felgenbett der Schlauchreifen-Felgen.
Zum Vergleich: Während Drahtreifen bei allen Fahrradtypen eingesetzt werden, sind Schlauchreifen dem Rennsport vorbehalten, wo sie früher ausnahmslos dominierten. Schlauchreifen besitzen leichte Gewichtsvorteile und einen etwas besseren Fahrkomfort. Letzteres resultiert daraus, daß der unter Luftdruck gesetzte Reifen nicht die Spannungsspitzen des Drahtreifens im Bereich des Reifendrahtes besitzt, dadurch in sich homogener ist und die Fahrbahnunebenheiten etwas günstiger auspuffern kann. Daraus, sowie aus der Verwendung dünnerer und leichterer Schläuche ergeben sich weiterhin leichte Vorteile hinsichtlich des Leichtlaufes für den Schlauchreifen.
Drahtreifen sind im Gebrauch preiswerter, da sich Reifendefekte leicht und schnell beheben lassen, während Schlauchreifen nach Defekten in der Regel ausgedient haben. Zwar ist auch hier eine Reparatur möglich, aber wie die weiter unten gezeigte Abhandlung darüber zeigt doch eine sehr umständliche und zeitaufwendige Prozedur. Hinsichtlich Reifendefekten neigen Schlauchreifen häufiger zum sogenannten "Schleicher", das sind kleine Undichtigkeiten, bei denen die Luft erst im Stundenzeitraum entweicht. Bei Drahtreifen hingegen kommt es häufiger durch die Felgenhörner zum Durchschlag. Der wird in den USA übrigens als "Snakebite" (Schlangenbiß) bezeichnet, da sich durch den Schlag des Reifens auf das Felgenhorn zwei nebeneinander liegende Löcher im Schlauch ergeben.
Unterwegs ist bei Reifendefekten ein Schlauchreifen schneller zu wechseln, als ein Drahtreifen zu flicken respektive seinen Schlauch auszutauschen wäre. Auch dazu finden Sie weiter unten noch eine Abhandlung. Auf der Felge sitzen Drahtreifen sicherer und durch die Felgenhörner zentriert auch rundlaufender. Neben dem spürbar verbesserten Leichtlaufverhalten der für den Radrennsport angebotenen Drahtreifen sowie deren deutlichen Gewichtsreduzierung ist dies ein Grund, daß Drahtreifen nun auch vermehrt im Radrennsport eingesetzt werden. Trotz seiner nach wie vor vorhandenen Vorzüge (er benötigt die leichteren und verwindungssteiferen Schlauchreifenfelgen, hat immer noch Gewichtsvorteile und einen besseren Leichtlauf) gerät der Schlauchreifen immer mehr ins Hintertreffen.
Rollen Luftreifen auf der Fahrbahn ab, so plattet sich der Reifen im Kontaktbereich mit der Fahrbahn etwas ab, der Reifen wird dort etwas breiter und es bildet sich durch die Vorwärtsbewegung eine kleine Wulst vor dem Reifen, über den er sozusagen ständig hinweg rollen muß. Daraus resultieren nun zwei Arten von Verlustreibung:
1. Der Walkwiderstand: Die Abplattung muß, da der Reifen sich ja fortlaufend dreht, ständig neu auf- und abgebaut werden. An dieser Stelle wird der Reifen also stetig durchgewalkt und das kostet Energie. Die nun ist um so geringer je höher der Reifendruck gewählt wird und um so leichter sich das Karkassenmaterial durchwalken läßt. Spürbar geringer wird er bereits, wenn die Gummiauflage sparsamer erfolgt. Weitere Verbesserungen lassen sich erreichen, indem die Karkassenfäden a) dünner gewählt werden und dafür dementsprechend mehr eingebracht werden und b) wenn man als Fadenmaterial möglichst elastische Fasern einsetzt.
Hier wirken sich Nylonfäden auf Grund ihrer hohen Elastizität günstiger aus als Baumwolle, die allerdings eine günstigere Dämpfungswirkung erzielt. Das Optimum sind Karkassen aus Seidenfäden, Kevlar als noch haltbarere Faser ist hingegen zu unelastisch, so daß Dämpfungsnachteile den Rollvorteil wieder wettmachen. Und noch ein Quentchen läßt sich beim Leichtlauf der Reifen heraus kitzeln, wenn dünnere oder elastischere Schläuche gefahren werden. Butylschläuche sind hier übrigens bereits in sehr dünner Ausführung absolut luftdicht, haben aber gegenüber Latexschläuchen Leichtlaufnachteile und sind nicht so pannensicher. Latexschläuchen hingegen mangelt es an Luftdichtigkeit, sie müssen, vor allem in dünnwandiger Ausführung, ständig nachgepumpt werden. Letztlich wirken sich auch härtere Gummimischungen, die Verwendung von Kieselsäuse statt Ruß als Gummifüllstoff oder das Ablagen der Reifen vorteilhaft auf die Reduzierung des Walkwiderstandes aus - worunter dann aber wieder die Bodenhaftung der Reifen leidet.
2. Der Abrollwiderstand: Die sich vor dem Reifen herschiebende Wulst verlagert den Aufstandspunkt des Reifens leicht nach vorn. Die Kraft, die zum Überrollen der Wulst nötig ist berechnet sich nach der Formel: Fa = Fg x sa/4 x r
Mit: Fa: Abrollkraft in N
Fg: Belastung von Vorder- und Hinterrad zusammen in N
sa: Vorverschiebung des Abrollpunktes in mm
r: Laufradradius in mm.
Anmerkung: Der Faktor sa/4x r wird als "Rollwiderstandsbeiwert" bezeichnet und hat für normale Fahrradbereifung bei 28-Zoll-Laufrädern und 4 bar Luftdruck einen Wert von etwa 0,01. Bei sehr guten Rennreifen wie dem "Olympic" von Continental reduziert sich dieser Wert bei 8-9 bar Reifendruck auf etwa 0,002.
Rechenbeispiel: Die Belastung 800 N, die Vorverschiebung des Abrollpunktes für 7-8 bar Luftdruck bei 27" großen Schlauchreifen betrage 5 mm:
Fa = 800 N x 5 mm/4 x 335 mm = 2,99 N
Das nun ergibt nun bei 40 km/h eine Verlustreibung nach: Pr = Fa x V
Mit: Pr = Abrollverlust des Laufrades in Watt
Fa = Abrollkraft in N
V = Fahrgeschwindigkeit in m/s (40 km/h = 11,11 m/sec)
Damit wird Pr = 2,99 x 11,11 = 33,2 Watt.
Addiert man da noch den Walkverlust hinzu, der übrigens rund 1/5 des Abrollverlustes beträgt, kommt man auf einen Rollverlust durch die Reifen von immerhin rund 40 Watt. Im Verhältnis zum Reibungsverlust durch die Lagereibung der Laufräder (etwa 0,3 Watt) also bereits ein ganz gehöriger Betrag. Übrigens sinkt auch der Abrollwiderstand mit zunehmendem Luftdruck, da er den Reifenwulst und damit den Abstand "sa" verkleinert. Weiterhin könnte der Abstand "sa" durch sogenannte Gürtelreifen verkleinert werden. Dabei wird die Wulstbildung durch rundumlaufende Textilfäden (sogenanter Radialverlauf der Fäden) recht gut vermindert. Der inzwischen verstorbene Leipziger Ingenieur und Tüftler Rinkowsky - seine "Ringis" wurden früher von der erfolgreichen DDR-Nationalmannschaft gefahren - experimentiert bereits Ende der 50er Jahre damit.
Für Autos bereits Standard geworden, hapert bei den Radialreifen für Fahrräder aber deutlich am gewohnten Kurvenverhalten. Günstig in diese Richtung wirken sich übrigens bereits Pannenschutzstreifen unter dem Protektor aus, wenn ein Teil der Gewebefäden in radialer Orientierung um den Reifen herumläuft. Auch Panaracer zielt mit seinen "Magic"-Reifen auf diese Eigenschaften: Die Karkassen dieser Reifen sind in radialer Richtung weniger elastisch als quer dazu.
Dick oder dünn, klein oder groß
In Zeitschriften werden immer wieder Untersuchungen und Test gemacht, bei denen sich just in jüngster Zeit herausgestell haben solle, daß der breite Reifen angeblich leichter abrollt als ein schmaler Reifen. Ebenso gilt es als klar und eindeutig, daß ein kleines Laufrad nicht mit dem Leichtlauf des großen Laufrades konkurrieren kann. Diese "Fakten" müssen differenziert betrachtet werden:
Es beginnt damit, daß sich bei gleichem Luftdruck ein dicker Reifen stets praller anfüllt als ein dünner Reifen. Das liegt daran, daß der Luftdruck im Schlauch des dicken Reifens eine größere Oberfläche zur Verfügung hat und dadurch mehr Spannung in seiner Karkasse erzeugt als im dünnen Reifen. Das ist auch mathematisch nach der sogenannten Kesselformel nachvollziehbar. Die Spannung in der Reifenkarkasse wächst demnach immer proportional mit dem Reifendurchmesser. Damit erzeugt nun ein 18 mm breiter Reifen bei 8 bar Luftdruck nur die Hälfte der Karkassenspannung wie ein 36 mm Reifen.
Klar, daß nun, bei gleichem Luftdruck, der dickere Reifen Rollvorteile besitzt. Er drückt sich weniger stark ein und hat dadurch hinsichtlich Walkarbeit und Abrollverlust (das Überrollen der sich vor dem Reifen bildenen Wulst) die besseren Karten. Unberücksichtigt bleibt bei so einem hinkendem Vergleich weiterhin, das der dünne Reifen sich bei gleichem Reifendruck im Kontakbereich mit der Fahrbahn tiefer eindrückt und so mehr Fahrkomfort bietet. Ein fairer Vergleich wäre es daher nur dann, wenn der Reifendruck im dünnen Reifen soweit erhöht werden würde, bis beide Reifen den gleichen Fahrkomfort bieten. Und rollt der dünne Reifen eindeutig leichter, da bei ihm insgesamt weniger Walkverformung statt findet. Ebenso wird in solchen Publikationen im allgemeinen kein Wort darüber verloren, daß der dicke Reifen eine größere Stirnfläche besitzt. Im Beispiel 18 mm gegenüber 36 ist das eine Verdoppelung und das sind immerhin 1,8 cm x 67 cm = 120,6 cm², also vergleichsweise schon eine kräftige Männerhandfläche, die da mehr in den Wind gehalten wird.
Also dicke und dünne Reifen können nur dann hinsichtlich ihres Rollverhaltens miteinander verglichen werden, wenn auch der Luftdruck entsprechend variiert wird. Also beispielsweise ein 18 mm breiter Reifen mit 10 bar Reifendruck mit einem 24 mm breiten Reiden, der mit 7,5 bar aufgepumpt ist. Die Entscheidung, ob der einzelne Fahrer nun einen dicken oder dünnen Reifen bevorzugen soll, dürfte für die Straße ganz klar zu gunsten des dünnen Reifens ausfallen. Lediglich sehr schwere Fahre sollten einen etwas voluminöseren Reifen fahren, da beim dünnen Reifen die Durchschlagsgefahr - vor allem bei Drahtreifen - höher ist. Im Gelände geht es um andere Kriterien. Hier besitzt der dicke Reifen seine Vorteile, da er weniger schnell und tief einsinkt, was vor allem für die Lenkung Sicherheitsvorteile erbringt.
Mit gleichem Vorbehalt begegnet man auch dem kleinen Laufrad. Im Vergleich mit einem großen Laufrad drückt sich sein Reifen im Kontaktbereich mit der Fahrbahn ebenfalls stärker ein und bietet daher mehr Fahrkomfort. Vergleichen kann man die Reifen großer und kleiner Laufräder auch hier erst dann, wenn der Fahrkomfort des Reifens vom kleinen Laufrad durch einen höheren Reifendruck mit dem des Großen angeglichen ist. Und dann rollt der Reifen des kleinen Laufrades ebenfalls mit geringerem Reibungsverlust, da sowohl seine Abplattung (Reifenaufstandfläche, siehe weiter unten), wie auch die Wulstbildung vor dem Reifen geringer ausfallen als beim großen Kollegen. Unberücksicht bleibt bei diesen Überlegungen lediglich, daß das kleine Laufrad bei größeren Bodenunebenheiten ein schlechteres Kletterverhalten, es also zum Überwinden eines Hindernisse "bockiger" klettert.
Die Höhe des Luftdrucks, mit dem ein Reifen aufgepumpt wird stellt immer einen Kompromiß zwischen Fahrkomfort und Leichtlauf dar und richtet sich nach Fahrradtyp, Reifendurchmesser und Fahrbahnbeschaffenheit. Auch bei Fahrradfederungen spielen Reifen und Reifendruck eine Rolle: Da sich nur der Reifenbereich verformt der ein Hindernis überrollt, erfolgt sozusagen eine spontane Einfederung durch den Reifen. Im Gegensatz hierzu muß bei einem Federungssystem die gesamte Masse von Federungsmechanik und Laufrad beschleunigt werden, was dann höherer Kräfte bedarf und stets mit einem Zeitverzug erfolgt. Der Reifen stellt somit a) einen zusätzlichen Federweg dar und b) er überbrückt die Zeit zum Ansprechen der Federung, wirkt also wie eine Art Zusatzpuffer. Aus diesen Gründen ist nicht zweckmäßig den Reifendruck bei Fahrradfederungen beliebig zu erhöhen, sondern er muß mit dem jeweiligen Federungssystem abgestimmt werden.
Da die Rollreibung mit zunehmendem Luftdruck annähernd linear abnimmt, bevorzugen Straßen-Rennfahrer einen hohen Reifendruck zwischen 6 und 9 bar für ein möglichst schnelles Vorankommen, wofür Einbußen im Fahrkomfort in Kauf genommen werden. Bahnfahrer können bei ihren extrem geglätteten Fahrbahnen den Reifendruck sogar auf 12-14 bar erhöhen. Für einen noch höheren Luftdruck ist dann selbst die Radrennbahn zu uneben, so daß die Laufräder hoppeln würden, weshalb Bahnfahrer hier vom "Totpumpen" der Reifen sprechen.
Das ein hoher Luftdruck nicht das allein selig machende ist, zeigen die privaten Statistiken vom Schweizer Profi-Coatch Köchli. Er stellte fest, daß vor allem bei langen Etappenfahrten (Giro dítalia; tour de France) die Radprofis mit einem etwas geringerem Luftdruck (6 bis 7 bar je nach Reifendicke und Fahrergewicht) auf Dauer frischer bleiben, da sie weniger intensiv durchgeschüttelt werden. Köchlis Beobachtungen decken sich in diesem Punkt übrigens mit den Vorschriften über zulässige Schwingungsbelastungen am Arbeitsplatz, die bei hohen und andauernd auf den Betroffenen einwirkenden Beschleunigungskräften von einem Nachlassen der Konzentrationsfähigkeit sowie der körperlicher Leistungsfähigkeit ausgehen. Diesbezüglich wies Rainer Pivit (Uni Oldenburg) sogar nach, daß bereits Normalradler auf den ausgewiesenen (und sich leider nicht im besten Zustand befindlichen) Fahrradwegen eine Schwingungsbelastung erleiden, die über den zugelassenen Werten am Arbeitsplatz liegen.
Entsprechend sieht die Frage des Luftdrucks bei Geländefahrrädern aus. Hier besitzen die Reifen ja auch die Aufgabe, die Fahrbahnunebenheiten auszupuffern. 2,5-3 bar haben sich besonders bei rasanten Abfahrten (Downhill) bewährt, da hier die Reifendämpfung im Vordergrund steht. Bei zu hohem Luftdruck wird der Biker noch kräftiger durchgeschüttelt. Weiterhin besteht auch die Gefahr des kurzzeitigen Abhebens vom Untergrund und während so einer kurzen Luftreise hat der Biker dann keine Lenkmöglichkeit mehr - der Zufall steuert das Sportgerät. Niedrige Luftdruck kann allerdings bei Steinen oder Wurzeln schnell zum Durchschlag führen. Mit ein Grund dafür, warum speziell die Downhillfahrer gefederte Bikes einsetzen: Der als dann mögliche, höher Reifendruck mindert die Defektgefahr drastisch. Auf Radreisen, die längere Strecken über glattem Asphalt führen, lohnt es sich hingegen die Mountainbike-Reifen auf ca. 4 bar Reifendruck aufzupumpen, da diese Maßnahme den Rollwiderstand spürbar senkt.
Stadt- und Normalräder sind mit einem Luftdruck je nach Reifendicke zwischen 3,5 und 5 bar gut beraten. Eine Übersicht bietet nachfolgende Tabelle:
Tabelle: Empfohlener Reifendruck
Reifenbreite in mm/Zoll | Reifendruck Vorderrad in bar | Reifendruck Hinterrad in bar |
57 mm/2,125" | 2,0-2,5 | 2,5-3,0 |
47 mm/1,75" | 2,5-3,0 | 3,0-3,5 |
37 mm/1 3/8" | 3,5-4,0 | 4,0-4,5 |
32 mm/1 ¼" | 4,0-4,5 | 4,5-5,0 |
28 mm/1 1/8" | 4,5-5,0 | 5,0-5,5 |
25 mm/1" | 5,5-6,0 | 6,0-6,5 |
22 mm | 6,5-7,0 | 7,0-7,5 |
20 mm | 7,5-8,0 | 8,0-8,5 |
18 mm | 8,0-9,0 | 9,0-9,5 |
Anmerkung: Die Hersteller geben auf den Reifen in der Regel noch den höchstzulässigen Reifendruck an. Für die Angaben in bar und PSI (steht für Pounds per Square Inch) gelten folgende Umrechnungen:
1 PSI =0,069 bar
1 bar = 14,5 PSI
Leuchtstreifen: Vom Gesetzgeber zugelassen ist ein auf der Reifenflanke aufgebrachte Leuchtstreifen als Ersatz für die üblichen Speichenreflektoren. Der Radfahrer muß sich aber bewußt sein, daß die Sichtbarkeit der Leuchtstreifen bei Reifenverschmutzungen drastisch nachläßt.
Dynamo-Rändelung: Für den Betrieb von Seitendynamos besitzen handelsübliche Standardreifen eine leicht verstärkte Gummiauflage mit eine Rändelung auf den Reifenflanken. Damit wird die Gefahr des Dynamo-Durchrutschens sowie die von Reifenschädigungen reduziert.
Pannensichere Reifen: Reifen, die entweder einen besonders pannensicheren (dicker Latexschlauch) eingezogen haben oder mit einem Gel-gefüllten Schlauch ausgestattet worden sind. Das Gel tritt dabei durch die gerade entstandenen Löchern aus und bildet sofort eine faserartige Struktur, die das Loch gleich wieder abdichtet. Darüber hinaus offerieren einige Hersteller Reifen, die mit besonders kräftiger Karkasse, zusätzlichen Schutzstreifen unter dem Protektor und einer insgesamt dickeren Gummiauflage versehen worden sind. Der bekannteste Vertreter dieser Machart dürfte der Schwalbe "Marathon" sein, der bei vielen Alltags- und Reiseradler zur Pflichtausstattung des Fahrrades gehört.
Schaumreifen: Bereits um 1870 gab es diesen Typ des pannensicheren Reifens in Form eines Vollgummireifen mit schaumstoffartigem Innenteil. Dieses Prinzip ließ die englische Firma Green Tire 1992 wieder aufleben. Der Schaumstoff wird dabei so hart und elastisch abgestimmt, daß der Reifen in seinem Abrollverhalten dem üblicher Luftreifen (3 bis 3,5 bar bei MTB, 6,5 bis 7,5 bar bei Rennreifen) entspricht. Die verwendeten Materialien werden ständig verbessert, so daß heute bereits Fahrkomfort, Leichtlauf und Gewicht dieser Reifen denen der luftgefüllten Reifen nahekommt. Dem Vorteil, daß nun Reifenpannen vergessen werden können, steht eine mühselige und kraftraubende Reifenmontage gegenüber. Weiterhin müssen die Reifen auf exakt bemessene Felgen aufgezogen werden, ansonsten schwankt der Reifen im Felgenbett oder kann abspringen.
Als Reifenaufstandsfläche bezeichnet man die linsenförmige Berührungsfläche zwischen Reifen und Fahrbahn, die sich aus der Reifenabflachung ergibt. Von dieser Aufstandsfläche der Reifen ist der Aquaplaningeffekt abhängig, der beim Fahrrad aber nur bei Aufstandsflächen oberhalb 20 cm² und dann auch im Vergleich zum Auto nur in sehr geringem Ausmaß wirksam wird. Die Reifenaufstandsfläche ist abhängig von der Laufradbeastung und dem Reifendruck, nicht aber von Reifendurchmesser. Nach dem physikalischen Prinzip actio gleich reaktio tritt ein Gleichgewicht zwischen der äußeren Laufradbelastung und dem inneren Reifendruck ein. Sie folgt der Formel:
Af = Cr x Gl/Pr
Mit: Af = Reifenaufstandsfläche in cm²
Cr = Korrekturfaktor für zusätzliche Fläche infolge von "Schmiereffekten" durch die Dicke des Reifenmaterials; Rennrad: ca. 1,05; Normalrad: ca.1,1 (ohne Einheit)
Gl = Gewichtsbelastung des Laufrades in kg*
Pr = Reifendruck in kg/cm²*
* Da in einer Formel nur gleiche physikalische Dimensionierungen eingesetzt werden, wurde der Laufdruck statt in bar in der veralterten, aber etwa dimensionsgleichen Größe kp/cm² angegeben und entsprechend die Gewichtsbelastung des Hinterrades in kg. Beispiel: Bei einem mit 40 kg belasteten Rennrad-Hinterrad ergibt sich bei 7 bar Luftdruck eine Aufstandsfläche von:
Af = 1,05 x 40 kg / 7 kg/cm² = 6 cm²
Entsprechend besitzt ein gleich belastetes Gebrauchsrad-Hinterrad bei 3,5 bar Reifendruck eine Aufstandsfläche von:
Af = 1,1 . 40 kp / 3,5 kp/cm² = 12,5 cm²
Das ein breiter Reifen gegenüber einem dünnen Reifen bei gleichem Reifendruck die gleiche Aufstandsfläche besitzt, liegt daran, daß der breite Reifen zwar eine höhere Spannung in seiner Karkasse besitzt, daß aber die Aufstandsfläche breiter ausfällt, während sich der schmale Reifen stärker eindrückt und so eine längere und schmaler Fläche bildet.
Als Reifenprofil bezeichnet man die Oberflächengestaltung des Protektors, die je nach Einsatzzweck von aalglatt bis grobstollig reichen kann. Sie hat den Zweck dem Reifen eine höhere Griffigkeit zu vermitteln, um das Spurverhalten und die Traktion (möglichst schlupffreie Übertragung der Antriebskraft auf die Fahrbahn) von Reifen zu verbessern.
Auf der Straße gefahrene Fahrradreifen besitzen nur schwach ausgeprägtes oder gar kein Profil (Slicks). Physikalisch hängt der Nutzen einer Profilierung dieser Reifen in erster Linie von der Reifenbreite und dem gefahrenen Reifendruck ab. Schmale Straßenreifen unter 35 mm Breite werden mit hohem Luftdruck gefahren. Die kleine Aufstandsfläche der Reifen bewirkt eine innige Verkrallung des Reifengummis in die Fahrbahnrauhigkeiten, so daß keine Pofilierung erforderlich ist. Durch die Verkrallung entsteht eine Art Formschlußverbindung, weßhalb der Haftreibungskoeffizient dieser Reifen sehr hoch ist (0,9 bis 1,1). Profilierungen mindern auf Asphalt den Leichtlauf des Reifens (zusätzliche Gummiverformung), daß hier gilt: Das beste Profil für schmale Reifen ist gar kein Profil. Sinnvoll sind Profilierungen von schmalen Straßenreifen nur dann, wenn sie auf sandiger Fahrbahn oder Naturstraßen gefahren werden.
Breite Straßenreifen (über 35 mm) werden mit geringerem Luftdruck gefahren. Das bedingt eine größere Aufstandsfläche und damit eine geringere Verkrallung des Reifengummis in die Fahrbahnrauhigkeiten. Schwach ausgeprägte Profilierungen verkleinern damit den Kontaktbereich Reifen/Straße (nur die Profilerhebungen berühren die Fahrbahn) und verbessern daher die Griffigkeit breiter Reifen. Auch hier besitzen unprofilierte Reifen (Slicks) leichte Rollvorteile, haben aber eine etwas geringere Bodenhaftung.
Vom Handel angebotene Straßenprofile warten mit folgenden Profilen auf:
Slicks: Bis zu Reifenbreiten von 35 mm besitzen Slicks als reine Straßenreifen Bodenhaftungs- und Leichtlaufvorteile. In der Praxis hat sich zudem erwiesen, daß die Defektrate von Slicks etwas geringer ausfällt, da sich "spitze Eindringlinge" nicht an Profilkanten festsetzen können.
Diamantprofil: Klassisches Straßenreifenprofil, das heute noch am weitesten verbreitet ist. Ein fein ausgeführtes Diamantprofil zeigt gegenüber Slicks keine nennenswerte Rollnachteile, besitzt aber bereits Traktions- und Seitenführungsvorteile auf sandigen Straßen (der Sand wird teilweise in die Profilvertiefungen geschoben, die Profilspitzen greifen durch bis auf den Asphalt) und Naturpisten.
Fischgrätenprofil: "V"-förmig gegeneinander verlaufende Profilrillen verbessert Traktion und Spurverhalten auf sandigen Straßen und Naturpisten. Die Reifen besitzen häufig zusätzlich in der Reifenmitte ein kleines, nicht profiliertes "Dach". Das erschwert den Leichtlauf des Reifens nur unwesentlich, läßt dem Reifen aber mehr Gummi im Laufbereich zukommen und erhöht so die Lebensdauer (Abrieb) und Pannensicherheit.
Rillenprofil: Schwach ausgeprägte Rillenprofile auf der Lauffläche verbessern auf sandigen Straßen oder Naturstraßen die Spurtreue der Reifen.
Regenprofil: Feine in einen Slick eingebrachte Rillen sollen den Wasserabfluß unter der Reifenaufstandsfläche verbessern. Auf Grund der geringen und linsenförmig ausgebildeten Aufstandsfläche kommt es bei schmalen Straßenreifen nie zu einem Aquarplanik-Effekt, so daß diese Profilierung mehr einen optischen Nutzen besitzt.
Reifen für Naturstraßen und Gelände:
Bei sandigem oder matschigem Untergrund sind deutlich ausgeprägte Stollen erforderlich - ein Slick würde hier "schwimmen". Die ausgeprägten Stollen hingegen konzentrieren den Druck auf wenige Stollen, die dann "durchgreifen". Damit hält der Reifen im Gelände besser seine Spur und gewährleistet gleichzeitig die nötige Traktion für Antrieb und Bremsen. Auf steinigem, trockenem und nicht sandigem Untergrund ist auch der Einsatz von Slicks möglich und bietet Rollvorteile.
Für schmale Geländereifen (Querfeldeinreifen und Tretkkingrad-Reifen) haben sich seit Jahren Reifen mit kleinflächigen und weit auseinander stehenden Stollen bewährt. Reifen mit zu hohen und zu dicht beieinander stehende Stollen neigen dazu, sich schnell mit Matsch vollzusetzen. Außerdem wird dann der Druck des Fahrzeuggewichtes auf zu viele Stollen verteilt, die dann nur ungenügend "durchgreifen" können.
Breite Geländereifen (MTB) weisen die übliche, markante Profilierung auf. Nach dem diese Reifenprofile anfänglich nach mehr designerischen Gesichtspunkten konzipiert wurden, setzen sich in letzter Zeit mehr und mehr funktionelle Profilgestaltungen durch. Bei ihnen sind die Stollen kleiner gehalten und stehen zudem weiter auseinander. In Verbindung mit gerundetem Übergang des Profilstollens zum Reifengrund wurde so - ohne Traktionsverlust - der Selbstreinigungseffekt der Reifen deutlich verbessert. In Kurvenlage auf dem Asphalt besitzen die MTB-Reifen ein leicht gewöhnungsbedürftiges, schwammiges Fahrverhalten, da die in der Regel recht hoch ausgeführten Stollen dann ausknicken.
Stollenprofile: Die beste Traktion bei weichem Untergrund besitzen nebeneinander angeordnete Profilreihen, wodurch aber auf Asphalt ein rubbelndes Abrollverhalten entsteht. Diesbezüglich günstiger sind versetzte Profilreihen, so daß der Übergang von Stollen zu Stollen beim Abrollen des Reifens fließend erfolgt, worunter dann jedoch wieder die Traktion geringfügig leidet.
V-Profil: Um den holprigen Lauf großstolliger Reifen auf der Straße zu mindern, werden die einzelnen Profilreihen leicht gegeneinander versetzt oder als V-Profile ausgebildet, so daß der nächste Stollen bereits Bodenkontakt bekommt, während der vorherige ihn noch nicht verloren hat. Bei den V-Profilen ist dabei jedoch die Drehrichtung zu beachten, die vom Hersteller zumeist durch Pfeile auf der Reifenflanke angegeben wird. Man spricht daher von Laufrichtungs-gebundenen Reifen. Angemerkt sei, daß es für das Bremsen des Vorderreifens auf Naturstraßen günstiger ist, die Reifen entgegen der angegebenen Drehrichtung zu montieren.
Semislicks: Kein Thema ist die Selbstreinigung bei den übrigens von mir konzipierten sogenannten Semi-Slicks, dessen bekanteste Vertreter ("Diamant Grip" von Corratec und der "Hurricane XT" von Schwalbe sind. Die Lauffläche selbst ist profillos bis leicht porofiliert, nach außen beginnt jedoch in ca 1,5 cm Abstand von der Reifenmitte eine Reihe dünner Stollen, die seitlich noch von kräftigen Schulterstollen ergänzt werden. Diese Reifen besitzen eine sehr gutes und leises Abrollverhalten auf der Straße und im Gelände zugleich noch ausreichende Spurtreue und Traktion. Funktion der Schulterstollen: Wenn sich am schrägen Hang und bei weichem Untergrund die Fahrerlast auf nur wenige Schulterstollen verteilt, so bieten diese einen innigeren Bodenkontakt als wenn die Fahrerlast dutzende von Stollen belastet, da dann jeder einzelne Stollen weitaus weniger Druckbelastung bekommt.
Interessant ist übrigens das Verhalten von Schulterstollen in Kurvenlage auf der Straße: Bei hartem Untergrund werden nur 5-6 Stollen belastet, die sich nun in den Reifengrund eindrücken. Ergebnis ist ein weitaus weniger schwammiges Fahrverhalten als bei Kurvenlage mit voll profilierten MTB-Reifen.
Slicks: Völlig profillose Reifen machen beim MTB nur Sinn, wenn ausschließlich auf Asphaltstraßen gefahren wird (Citybike). Auch wenn dieser Reifen auf steinigem, trockenen Untergrund noch gut greift, so besitzt er doch große Schwächen bei sandigem oder matschigem "Geläuf".
Mittelsteg: Um das singende Abrollgeräusch von voll profilierten Reifen zu mindern, wurden Profile entwickelt, die einen hervorstehenden Mittelsteg besitzen (außerdem meist ein weniger stark ausgeprägtes Restprofil). Neben Traktionsminderung wird der ruhige Reifenlauf aber noch durch eine weitere unangenehme Eigenschaft "bezahlt": Auf Plattenbelägen (z.B. manche Radwege) neigen die Reifen mit Mittelsteg dazu in die Spalten einzuspuren, was schon zu Stürzen führte. Sinnvoller sind hier sich überlappende Profilierungen, die in der Reifenmitte zusammenstoßen, so auch das singende Reifengeräusch mindern, aber nicht den genannten Einspureffekt besitzen. Die weitverbreitete Ansicht, Mittelsteg-Reifen besäßen einen geringeren > Rollwiderstand ist falsch, da dieser überwiegend vom Reifenaufbau abhängt (dünne, dicht liegende > Karkassenfäden; dünne Gummiauflage). Außerdem drückt sich der Reifen im Kontaktbereich mit der Fahrbahn in der Regel so weit ein, daß auch die Profilierung Bodenkontakt bekommt.
Negativ-Profil: Versuche, Reifen mit Negativ-Profil zu gestalten, sind wieder eingestellt worden. Analog zu Turnschuhen mit solcher Profilierung trat der erhoffte Selbstreinigungseffekt nicht ein, außerdem wurden die Reifen zu schwer und die relativ großen Aussparungen führten zu einem holprigen Reifenablauf.
Reifengrößen sind der Oberbegriff von Reifenabmessungen, die den Reifendurchmesser, die Reifenbreite und bei der Zollangabe gelegentlich auch die Reifenhöhe angeben.
- Die ETRTO (European Tyre and Rim Technical Organization) gibt jeweils in Millimeter die Reifenbreite und durch einen Bindestrich getrennt die dazu gehörige Felgengröße an. Der Reifenaußendurchmesser wird nicht angegeben, kann aber überschläglich nach der Formel "Felgengröße mal zwei mal Reifenbreite" kalkuliert werden.
- Weltweit immer noch gebräuchlicher ist die weniger exakte Angabe in Zoll. Sie gibt jeweils in Zoll zuerst den Reifendurchmesser (die Laufradgröße) und mit einem "X" getrennt dahinter die Reifenbreite an. Hierbei gibt es jedoch bei gleicher Reifengröße unterschiedliche Felgengrößen. Beispiel: 26"x1 ½" gibt es für die Felgengrößen 559, 584 und 590, siehe auchTabelle Reifengrößen.
- Vereinzelt sind auch noch Reifen mit der französische Angabe anzutreffen, wobei der Reifendurchmesser (die Laufradgröße) in Millimeter angebeben wird. Die dazugehörige Felgengrößen wird durch ein "X" getrennt dahinter mit den Buchstaben "A", "B" oder "C" klassifiziert. Existiert keine französiche Felgengröße für diesen Reifen, so wird statt dessen die Reifenbreite in mm angegeben.
Die heute noch gängigen Reifengrößen, sowie die Fahrzeugtypen in denen sie gefahren werden ersehen Sie in aus der nebenstehenden Tabelle:
Angabe der Reifengröße | Reifenaußen- durchm. in mm | Fahrradtyp | ||
nach ETRTO | in Zoll | Frankreich | ||
62-203 bis 47-203 | 12 ½ x2 ¼ bis12 ½ x1 ¾ | 320x57 | 302332 | Kinderroller/Kinder-Spielräder |
44-288 bis 37-288 | 14x1 5/8 bis14x1 3/8 | 350 A | 368 bis 382 | Kinderroller/-RäderItalien |
44-298 bis 37-298 | 14x1 5/8 bis 14x1 3/8 | 378bis 392 | Kinderroller/RäderHolland | |
57-305 bis 37-305 | 16x2,125 bis16x1 3/8 | 374 bis 406 | Kinderräder/großer Kinderroller | |
44-330 bis 37-340 | 16x1 5/8 bis16x1 3/8 | 400 A | 420 bis 434 | Kinderräder Frankreich |
54-355 bis 37-355 | 18x2,125 bis18x1 3/8 | 450x45 | 422 bis 456 | Kinderräder England |
32-357 | 17x1 1/4 | 428 | Kinderräder England/ Moulton | |
40-390 bis37-390 | 18x1 ½ bis18x1 3/8 | 450 A | 470 bis 476 | Kinderräder Frankreich |
54-406 bis44-406 | 20x2,125 bis20x1,75 | 500x45 | 488 bis 506 | Falt-/Zerlegeräder/BMX |
40-440 bis28-440 | 20x1 ½ bis20x1 1/8 | 500 A | 502 bis526 | Diverse Räder Engl. und Frankreich |
37-489 bis32-489 | 22x1 3/8 bis22x1 1/4 | 558 bis568 | Kinderräder | |
37-490 bis28-490 | 22x1 3/8 bis22x1 1/8 | 550 A | 552 bis570 | Kinderräder Frankreich |
54-507 bis37-507 | 24x2,125 bis24x1 3/8 | 600x45 | 580 bis 608 | Kinder- und Jugendräder |
40-534 | 24x1 1/2 | 600 B | 620 | Jugendr. Frankreich* |
37-540 bis32-540 | 24x1 3/8 bis 24x1 1/4 | 600 A | 608 bis 618 | Jugendräder und Rollstühle |
57-559 bis25-559 | 26x2,125 bis 26x1 | 650x50 | 610 bis 673 | MTB |
44-571 bis18-571 | 26x1 5/8 bis26x 3/4 | 650C | 607bis 672 | Div. Fahrräder England/Tria-Räder |
40-584 bis32-584 | 26x1 ½ bis 26x1 1/4 | 650 B | 654 bis 670 | Tourenräder Österreich/Frankreich |
40-590 bis 28-590 | 26x1 ½ bis 26x1 1/8 | 650 A | 665 bis 688 | Touren/Damenräder |
40-609 | 27x1 1/2 | 694 | Diverse Räder England* | |
47-622 bis18-622 | 28x1 ¾ bis 28x3/4 | 700 C | 658 bis 722 | Gebrauchs-/Sporträder Deutschl. |
30-630 bis20-630** | 27x1 ¼ bis 27x3/4 | 672 bis 692 | Rennsport England | |
44-635 bis28-635 | 28x1 5/8 bis28x1 1/8 | 700 B | 696 bis 725 | Gebrauchsräder Norddeutschland* |
44-642 bis 37-642 | 28x1 5/8 bis 28x1 1/2 | 700 A | 722 bis 736 | Gebrauchsräder Frankreich* |
* Auslaufende Reifengrößen
** Der Umstand, daß der 27 Zoll-Reifen auf einer um 8 mm größeren Felge sitzt als die bei uns übliche 28 Zoll-Reifen resultiert daraus, daß auf der 28 Zoll-Felge heute dünnere Reifen gefahren werden. Der 28 Zoll-Reifen erreicht erst bei einer Breite von 44,5 mm sein Nennmaß von 28 Zoll (711,2 mm), während der 27 Zoll-Reifen sein Nennmaß (685,8 mm) bereits bei einer Reifenbreite von 27,9 mm erzielt.
Reifendurchm. in Zoll | Reifenbreite in mm |
Felgendurchm. De in mm |
Felgenbreite in mm |
Reifenaußendm. in mm |
Fahrradtyp |
18 | 28-23 | 382 | 18-22 | 438-428 | Kinder Rennräder |
20 | 28-23 | 432 | 18-22 | 488-478 | Kinder Rennräder, Saalsport, Sportrollstühle |
22 | 28-23 | 482 | 18-22 | 538-528 | Kinder Rennräder, Saalsport |
24 | 28-18 | 532 | 18-22 | 588-568 | Kinder Rennräder, Saalsport , Vorderr. Zeitfahren |
26* | 28-18 | 582 | 8-22 | 686-618 | Rennrad, Tria-/Zeitfahren MTB, Sportrollstühle |
27** | 32-16 | 632 | 16-22 | 696-664 | Rennrad, Querfeldeinrad |
* Für MTB selten: Reifenbreite um 50 mm, Felgenbreite um 26 mm
* Nach ETRTO 28", Felgendurchmesser wurde früher mit 633 mm angegeben
Früher wurden Reifen in mehreren Arbeitsgängen mit Gummilösung geklebt, weswegen es nach der Reifenherstellung noch einer Mindestablagerzeit von ca. einem Jahr bedurfte (Ablüften des Lösungsmittels der Gummilösung), bis diese Reifen einsatzfähig waren. Heute werden alle Reifentypen nahezu auschließlich vulkanisiert und können sofort gefahren werden. Es hat sich dennoch herausgestellt, daß im Laufe der Zeit einige Gummibestandteile (z.B. Weichmacher) noch abdampfen, wodurch die Gummimischung härter wird (geringere Defektrate) und der Reifen leichter abrollt. Aus diesem Grunde lagern vor allem Rennradsportler gute Reifen immer noch 1-2 Jahre ab. Hierbei gilt es allerdings bestimmte Kriterien zu beachten:
Schlauchreifen sollten leicht aufgepumpt werden, Drahtreifen faltenfrei lagern, die Lagertemperatur soll zwischen 15° und 20° C betragen, die Luftfeuchtigkeit nicht unter 60% und nicht über 90% liegen. Weiterhin sollte der Lagerraum vor Sonnenlicht geschützt sein. Tip: Reifen im entsprechend großen Felgenkarton ablagern.
Reifen müssen im Fahrbetrieb fest mit der Felge verbunden sein. Ihr Wechsel gestaltet sich bisweilen nicht ganz unproblematisch und ein unbedarftes Handtieren an diesen empfindlichen Bauteilen kann nicht nur zu Beschädigungen an Reifen oder Felge führen, es kann dabei auch zu Sicherheitseinbußen kommen. Hier einige Tips und Tricks zu diesem Themenkreis:
1. Drahtreifen: Drahtreifen werden im Fahrbetrieb vom Felgenhorn gehalten und müssen bei Montage wie Demontage über die Felgenkante gehebelt werden. Das geht im übrigen um so leichter, je tiefer das Felgenbett ausgeprägt ist. Wird eine Reifenseite tief ins Felgenbett gedrückt, so ermöglicht die dabei entstehende Exentrizität zwischen Felge und Reifen, das die andere Reifenseite meist sogar ohne Werkzeug über die Felgenkante zu heben ist. Und noch ein Tip: Beim Hinterrad wird die Felgenkante auf der Zahnkranzseite durch die dort höhere Speichenspannung etwas im Durchmesser reduziert. Dort ( über die rechte Felgenkante also) läßt sich der Reifen leichter wechseln als auf der Gegenseite
Die Vorgehensweise bei der Demontage:
- Luftloses Laufrad mit dem Ventilbereich auf den Boden stellen.
- Im oberen Bereich des Reifens die Reifenflanken mit Daumen und Zeigefinger beider Hände zusammendrücken und tief ins Felgenbett ziehen.
- Diese Zugkraft weiter ausübend den Reifen zwischen den Fingern durchgleiten lassen bis gut die Hälfte des Reifenumfangs ins Felgenbett gedrückt ist.
- Weiter ziehend die Hände an der Felge abstützen und das Laufrad zwischen Oberschenkel und Bauch einklemmen.
- So fortfahren bis in die Ventilgegegend. In der Regel läßt sich der Reifen nun mit bloßer Fingerkraft über die Felge heben.
- Bei nicht ausreichend tiefen Felgenbetten muß ein Montierhebel zur Hilfe genommen werden. Er wird im Ventilbereich eingesetzt und in den Speichen verhakt und erzeugt so eine permanete Zugspannung.
- Nun das Eindrücken der Reifenflanken ins Felgenbett wiederholen und im allgemeinen ist nun genügend Exentrizität geschaffen, um eine Reifenseite über die Felgenflanke zu heben. In ganz seltenen Fällen muß dazu der zweite Montierhebel eingesetzt werden.
Nachdem eine Reifenseite über die Felgenkante gehoben ist, wird der Schlauch zwischen Decke und Reifen herausgezogen und das Ventil ausgehakt, woraufhin sich das Abheben der zweiten Reifenseite einfacher gestaltet.
Die Vorgehensweise bei der Montage des Reifens:
- Kontrolle, ob das richtige Felgenband eingelegt ist. Gummibänder nur für Tiefbettfelgen, nicht aber für Hohlkammerfelgen geeignet.
- Den Reifen mit einer Seite ins Felgenbett einhängen und diese Reifenseite rundum über die Felgenkante heben.
- Den gerade so faltenfrei aufgepumpten Schlauch mit dem Ventil ins Ventilloch einhängen und ringsum unter den Reifen praktizieren.
- Die Luft aus dem Schlauch ganz ablassen.
- Gegenüber dem Ventil beginnend zweite Reifenseite über die Felgenkante heben so weit dies geht.
- Laufrad mit Ventil nach unten auf den Boden stellen.
- Den bis dahin beidseitig eingebrachten Reifen gegenüber dem Ventil beginnend (analog zur Demontage) zwischen Daumen und Zeigefinger in die Felgenmitte ziehen.
- Laufrad zwischen Oberschenkel und Bauch einklemmen, bis in die Ventilgegend Zug ausüben und den Mantel über die Felgenkante drücken. Vorsicht bei Verwendung von Montagehebeln: Der gerade frisch geflickte Schlauch ist schnell wieder "gelöchert", daher bei der Montage auf jeden Fall versuchen ohne Montierhebel auszukommen.
2. Schlauchreifen: Schlauchreifen werden auf die Felge geklebt, weswegen die "In-Dienst-Stellung" sowohl neuer Reifen als auch Felgen gewisser Vorbereitungen bedarf:
- Vor seiner Erstmontage wird ein neuer Schlauchreifen auf eine unbekittete Felge gezogen, auf 8 bar aufgepumpt und über Nacht stehengelassen, damit sich der Reifen gleichmäßig dehnt.
- Wird der Reifen auf eine neue Felge aufgezogen, so sollte diese gründlich mit Alkohol oder Benzin entfettet werden.
- Nun auf jeden Zwischenraum zwischen zwei Speichenlöchern einen Tupfer Felgenkitt aufbringen und mit dem Finger gleichmäßig verteilen. Ein halbe Stunde ablüften lassen, zweite Schicht aufbringen. Einen Tag ablüften lassen und die dritte Lage Kitt aufbringen.
Nach eine weiteren halben Stunde Ablüftzeit kann die eigentliche Montage beginnen. Das Aufbringen mehrerer Lagen Kitt hat den Sinn, den Reifen seitlich "aufzufüttern", damit er nicht auf seiner Naht schaukelt. Moderne Schlauchreifenfelgen besitzen eine Mittelrille im Felgenbett. Bei ihnen vereinfacht sich die Prozedur auf eine Lage Kitt und 20 Minuten Ablüftzeit. Zum Aufziehen der Schlauchreifen:
- Reifen leicht aufpumpen, damit er von den Händen sicher ergriffen werden kann.
- Ventil durchs Ventilloch fädeln.
- Laufrad gegenüber dem Ventil auf eine saubere Unterlage stellen.
- Reifen rechts und links vom Ventil fest umfassen und kräftig in Richtung Boden ziehen.
- Reifen dabei durch die Hände gleiten lassen, bis gut der halbe Radumfang auf der Felge sitzt.
- Hände an Felge abstützen, Laufrad zwischen Brust und Oberschenkel einklemmen und mit der Prozedur fortfahren bis auf einen Reifrenrest von ca. 15 cm.
- Hände fest an der Felge abstützen, den Reifenrest mit Daumen kräftig nach oben und über die Felgenkante drücken.
- Luftdruck auf etwa 2 bar erhöhen und den Reifen ausrichten.
- Luftdruck auf vollen Betriebsdruck erhöhen.
Besitzt eine Felge bereits ein Kittbett (wurde also schon benutzt), so reicht beim Reifenwechsel eine dünne neue Lage Kitt. Bei Reifenwechsel unterwegs wird in der Regel nicht neu gekittet, der mitgenommene Reservereifen sollte aber einige Kittreste im Nahtbereich aufweisen. Ansonsten muß entsprechend vorsichtiger weitergefahren werden (keine zu schnellen Abfahrten, nur mäßige Kurvenlage, keine unnötige Vollbremsung).
Achtung: Beim Reifenwechsel unterwegs nie die nackte Felge auf den Boden, sondern auf die Radschuhe stellen. Der Reifenkitt in der Felge könnte ansonsten kleine Steinchen aufnehmen, die dann zu einem Reifendefekt führen.
Das umständliche Kittauftragen kann zwar durch das einfache Aufkleben eines Reifenklebebandes ersetzt werden. Das Band stützt die Reifenflanken aber weniger gut als ein aufgetragenes Kittbett. Das Band sollte weiterhin durch eine Behandlung mit einem Spezialkleber (Fachhandel) fester an der Felge als am Reifen haften, damit es sich beim Reifenwechsel unterwegs nicht ablöst.
Hilfreich für den festen Reifensitz von Schlauchreifen ist übrigens ein interessanter Effekt der in unter 45 Grad angeordneten Karkassenfäden: Wird der Schlauchreifen nämlich unter Luftdruck gesetzt, so nimmt er in seiner Dicke zu, in seinem Außendurchmesser jedoch ab. Die Ursache liegt in der beim Aufpumpen leicht veränderbaren Winkelstellung der Karkassenfäden zueinander. So schrumpft beispielsweise ein 27- Zoll-Reifen unter 2 bar Luftdruck auf reale 26 Zoll zusammen. Dieser Effekt ist für den sicheren Sitz von Schlauchreifen äußerst wichtig und auch der Grund dafür, daß bereits wenige Kittreste auf der Felge ausreichen, um einen Reservereifen hinlänglich zu halten.
Zum Abziehen von Schlauchreifen:
- Luft ganz ablassen.
- Mit Daumen und Zeigefinger gegenüber vom Ventilloch einen Reifenbereich von 10-15 cm Länge vom Felgenbett lösen.
- Bei besonders fest sitzendem Reifen gegebenenfalls auch von der Gegenseite aus wiederholte Lösungsversuche unternehmen.
- Gelösten Reifenbereich seitlich über die Felgenkante drücken - womit die schwerste Arbeit getan ist.
- Nun Reifen durch senkrechtes Wegziehen von der Felge Stück um Stück lösen und zum Schluß das Ventil aushängen.
Tips:
1. Wird auch das Nahtschutzband leicht mit Felgenkitt eingestrichen, so hält der Reifen besser.
2. Wenn Sie eine moderne Schlauchreifenfelge mit Mittelrille benutzen, zentriert diese die Reifennaht sozusagen automatisch: Der Reifen braucht nicht mehr ausgerichtet zu werden. Er benötigt auch kein dreifach aufgekittetes Felgenbett, sondern hält schon mit einer Lage Kitt und neigt überdies bei langen Paßabfahrten weniger schnell zum "Reifenwandern".
3. Felgen mit Mittelrille eignen sich besonders für die Verwendung von Reifenklebeband (sauberere Montage).
4. Reservereifen sollten bereits einmal auf der Felge aufgezogen gewesen sein und Kittreste im Nahtbereich aufweisen, damit sie bei Reifenwechsel unterwegs besser auf der Felge haften.
5. Gegenüber dem Ventil einen 10 cm langen Felgenbereich ungekittet belassen: Das erleichtert die Reifendemontage erheblich, ohne den Reifensitz zu schwächen.
Reifenreparaturen betreffen ebenso den gewöhnlichen Plattfuß wie auch Notreparaturen (geplatzte Schläuche oder große Schnitte in der Karkasse), die "On the Road" erledigt werden müssen, um ja noch irgendwie weiterzukommen.
Plattfuß Drahtreifen: Er wird sozusagen "nach alter Väter Sitte" wie folgt behoben:
- Schlauch unter dem Mantel hervorziehen.
- Defektstelle suchen. Dazu reicht bei größeren Löchern der Augenschein. Kleineren Löchern können durch das Erspühren eines Luftzuges mit Ohr oder Lippen ausgemacht werden. Bei winzigen Löchern wird der Schlauch ins Wasser gehalten und kleine Luftperlen zeigen die Defektstelle an.
- Defektstelle mit Schmirgel aufrauhen und anschließend mit Gummilösung einstreichen. Nach etwa 5-minütiger Ablüftzeit bei Temperaturen über 20° C, 10-minütiger bei Temperaturen unter 20° C wird der Flicken fest aufgedrückt. Achtung: Nicht die Dauer, sondern die Höhe des ausgeübtenDrucken entscheidet über die Güte der Klebung.
- Reifeninnenseite nach festsitzenden spitzen Eindringlingen absuchen und diese ggf. entfernen.
- Schlauch wieder einlegen, aufpumpen, fertig.
Plattfuß Schlauchreifen: Hier gestaltet sich die Reparatur wesentlich umständlicher, da durch die annähernd luftdichte Karkasse bereits die Ortung des Loches schwieriger ist - selbst bei der klassischen Wasserbadmethode perlt es bisweilen weit neben dem Defekt. Die Reparatur von Schlauchreifen gestaltet sich langwierig (weswegen Rennradler Ersatzreifen mit sich führen), der platte Schlauchreifen wandert meist in die Mülltonne. Das Vorgehen des meist erst Zuhause erfolgenden Reifenflickens:
- Orten der Defektstelle im Wasserbad.
- Durchtrennen und Lösen des Nahtschutzbandes im Defektbereich.
- Durchschneiden der Fäden der Reifennaht auf möglichst nur 5 cm Länge.
- Reifennaht kräftig auseinanderziehen und den eingenähten Schlauch befreien.
- Flicken "nach alter Väter Sitte".
- Schlauch wieder faltenfrei einlegen.
- Reifennaht mit Kreuzstichen sorgfältig einnähen.
- Nahtbereich außen und Nahtband innen mit Gummilösung einstreichen und nach 10 Minuten Ablüftzeit Nahtband fest aufdrücken.
Platz Ihnen im Drahtreifen unterwegs einmal der Schlauch und Sie haben kein ausreichend großen Flicken dabei, so kann Sie folgende Notmaßnahme noch zur nächsten Fahrradwerkstatt weiter radeln lassen:
- Schlauch an Defektstelle ganz durchschneiden und die so entstandenen Enden sehr fest verknoten.
- Schlauch wieder einlegen (etwas mehr Luft gleicht die Durchmesserreduzierung für des Plazieren unter der Reifendecken aus).
- Reifen bis max 3,5 bar aufpumpen und weiterfahren.
Diese Methode erscheint recht rustikal, erfüllt aber ihren Zweck. Dem Schlauch bleibt ja auch nichts anders übrig als sich der Reifendecken anzupassen. Wie das nebenstehende Bild zeigt, trägt der Knoten unter dem übrigens markiertem Reifenbereich kaum auf und der so geflickte Reifen fährt sich nahezu normal.
Karkassenschäden: Kleine Schäden in der Karkasse (Durchtrennung von 3-4 Gewebefäden) sollte man von außen mit einem etwa Markstück großen, mehrmals mit Gummilösung getränkten Leinenflicken abdecken, um weitere Fadenrisse zu vermeiden. Ein derart beschädigter Reifen sollte auch nicht mehr auf dem Vorderrad gefahren werden, da Vorderraddefekte nur sehr schwer auszusteuern sind und selbst bei Profis schon zu Stürzen führten.
Größere Karkassenschäden machen den Reifen unbrauchbar, können aber unterwegs (z.B. Radreise) notdürftig behoben werden. Bei größeren Schnitten in der Karkasse wird ein mehrfach gefalteter Lappen (bei Trockenheit haben Radler auch schon - Sie lesen richtig - Geldscheine genommen) zwischen dem Schlauch und der Reifendecke platziert. Mit Gummilösung oder Patex geklebt, hält es natürlich besser. Mit möglichst weit reduziertem Luftdruck kann nun zur nächsten Fahrradwerkstatt weiter geradelt werden.
Diese Lappenmethode funktioniert auch bei ausgerissenem Reifendraht. Nur hierbei sollte der untergelegte Lappen eine hohe Festigkeit besitzen (z. B. Jeans-Stoff) und entsprechend größer bemesssen sein. Ungeklebt hält´s übrigens auch, wenn der Lappen unter der Reifendecke hindurch über beide Felgenhörner gelegt wird. Auch hier sollten Sie den beschädigten Reifen nicht auf den Vorderrad fahren und Ihre Fahrweise entsprechen vorsichtig gestalten, denn das Ziel solcher Notreparaturen ist es ja lediglich die nächste Fahrradwerkstatt oder das Zuhause zu erreichen.
Darunter versteht man geringfügige Schlupfbewegung zwischen Reifen und Felge, die vor allem bei langen, steilen Abfahrten durch die Felgenerwärmung infolge von Dauerbremsungen auftreten. Folge: Der Reifen verschiebt sich gegenüber der Felge, was am Schiefstehen des in der Felge fixierten Ventiles erkennbar wird. Die Folge ist zunächst ein rubbelnder Reifenablauf, der jedoch im Extremfall sogar zum Ausreißen des Ventiles führen kann.
Zum Reifenwandern neigen besonders Schlauchreifen, bei denen Beulenbildung und Ventilausriß entschieden schneller erfolgen als beim Drahtreifen. Am stärksten davon betroffen ist generell das Vorderrad, da es durch den Bremsvorgang eine höhere Gewichtsbelastung bekommt als das Hinterrad.
Zur Abhilfe gegen das Reifenwandern können folgende Maßnahmen ergiffen werden:
- Vorbeugend sollte abwechselnd separat mit dem Vorderrad und dann mit dem Hinterrad gebremst werden, damit die Felgen zwischenzeitlich wieder abkühlen können.
- Wenn Schlauchreifen infolge Beulenbildung zu "hubbeln" beginnen: Anhalten, Vorderrad ausbauen und umgedreht wieder einbauen (Reifen wandert erneut - aber wieder in Ausgangslage zurück).
- Beim Hinterrad analog vorgehen: Hierbei ist dann die Kette über die nackte Achse und auf das große Kettenblatt zu legen, damit die Kette stramm liegt und nicht schlackert.
- Bei Schlauchreifen besser Felgen mit Mittelrille im Felgenbett verwenden. Da der Reifen in solchen Felgen seitlich innigeren Felgenkontakt hat, verhindert eine Art Keilwirkung das Felgenwandern. Außerdem wird ja bei solchen Felgen weniger Reifenkitt eingesetzt, wodurch der Reifen unmittelbaren Felgenkontakt bekommt, so daß er nicht auf dem weich gewordenen Kitt "schwimmt".
- Tritt beim Drahtreifen wiederholt das Reifenwandern auf (z.B. beim schwer bepackten Reiserad), so kann man es mit folgenden Spezialmaßnahmen in den Griff bekommen: 1. Hohen Reifendruck fahren. 2. Entfetten des Felgenhorns und der Reifendecke mit Benzin oder Verdünnung. 3. Aufrauhen des Felgenhorns mit Schmirgelpapier. 4. Festkleben des Reifens auf der Felge im Hornbereich mit Wasserglas.
- Faltreifen sind in der Regel um 50 bis 90 Gramm leichter als der gleiche Reifentyp mit Stahldraht.
- Faltreifen werden in der Regel etwas enger ausgeführt als "echte" Drahtreifen. Um sich deren Montage und Demontage zu erleichtern, kann man a) motagefreundliche Felgen mit entsprechend tief ausgeführten Felgenbett benutzen, b) ein dünnen Felgenband (z.B. Ritchey) verwenden.
- Moderne Schlauchreifen sind haltbarer als ihr Ruf und weisen im Vergleich mit Leicht-Drahtreifen Vorteile hinsichtlich Pannenschutz auf.
- Durch ihre höhere Elastizität resultiert aus der Verwendung von Latexschläuche nicht nur ein
besserer Reifenleichtlauf, Latexschläuche bieten auch einen besseren Pannenschutz, da sie spitzen Eindringlingen besser widerstehen als Betylschläuche.
- Während Schlauchreifen einen vorgegebenen Leichtlauf besitzen, läßt sich der von Drahtreifen durch die Verwendung von dünnen Latexschläuchen noch geringfügig verbessern.
- Sehr feine und dicht gepackte Karkassenfäden sind als Reifen-Qualitätsmerkmal zu werten und ein Indiz für guten Leichtlauf und Dämpfungseigenschaften der Reifen.
- Leichtlaufende Reifen besitzen stets eine sehr sparsame Gummiauflage an den Reifenflanken und am Protektor.
- Vulkanisierte Reifen weisen Leichtlaufvorteile aber Dämpfungsnachteile gegenüber Reifen auf, die mittels Gummilösung gefertigt werden.
- Durch Ablagern werden auch vulkanisierte Reifen noch abriebfester, pannensicherer und leichtlaufender: Ein Vergleichstest des Autors am gleichen Reifenmodell ergab, daß ein sechs Jahre lang abgelagerter Reifen gegenüber einem neuen Reifen eine deutliche Zunahme der Gummihärte aufwies und einen Rückgang der Haftreibung von ca. 15% zu verzeichnen hatte.
- Pannensichere Reifen besitzen einen Pannenschutzstreifen oder mehrere Gewebelagen unter dem Protektor oder weisen zusätzlich noch eine reichlich bemessene Gummiauflage auf (z.B. Continental Grand Prix; Schwalbe Marathon).
- Bei Nässe sinkt die Haftung der Reifen auf Asphalt - unabhängig vom Reifenprofil - um etwa 15%.
- Nebeneinander angeordnete und mit ausreichendem Abstand voneinander versehene Profilreihen sind ein Garant für optimale Traktion bei MTB Reifen.
- Ein rubbelnder Reifenablauf kann durch eine überlappende Anordnung der Profilstollen oder durch entsprechend ausgelegte V-Profilierung der Reifen vermieden werden.
- Reifen mit guter Selbstreinigung besitzen kleinere, weiter auseinander stehende Profilstollen und weisen einen gerundeten Übergang von den Stollen zum Reifengrund auf.
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Copyright und redaktionelle Inhalte:
Dipl.Ing.FH Christian Smolik 1994 -
03.08.1999
technische Umsetzung:
Dipl.Ing.FH Jörg Bucher zuletzt am
18.05.2000