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Online-Glossar Velotechnik von Christian Smolik

KETTE

Ineinandergreifende Aneinanderreihung beweglicher Glieder aus Metall zur
Übertragung von Zug- oder Antriebskräften.

Am Fahrrad spielt die Kette - vom > Zugkettchen bei > Nabenschaltungen einmal
abgesehen - als Teil des > Antriebs eine zentrale Rolle, Einzelheiten s. >
Kettenantrieb. Diese Antriebsart ermöglicht darüberhinaus den Einsatz der
effektivsten Fahrradschaltung, der > Kettenschaltung.

Die Möglichkeit, eine Kette zur > Übersetzung der > Pedalkraft  zu nutzen,
führte übrigens zum Entwicklungssprung des Fahrrades vom > Hochrad zum >
Niederrad. Mit kleineren Laufrädern konnte durch die Übersetzung eine größere >
Entfaltung erreicht werden, der > Direktantrieb der riesigen Vorderräder wurde
überflüssig.

        Belastung
Durch die Übersetzung unterliegt die Kette einer hohen Belastung, da das >
Antriebsmoment eines Radfahrers (Trittkraft mal Kurbellänge) das eines
Mittelklasse-Autos übersteigen kann!
Die Erklärung liegt in der beim Auto vorliegenden hohen Antriebsdrehzahl vom
mehreren Tausend Umdrehungen pro Minute, die im Gegensatz zum Fahrrad
"untersetzt" wird. Vom Gesetzgeber sind auf Grund dieser hohen Belastung
Mindest-Bruchlasten von 8.200 N (Newton, s. > physikal. Einheiten) für
Normalketten und 10.000 N für Schaltungsketten gefordert.

Vergleich mit anderen Antriebmitteln: Mit einem > Wirkungsgrad von 98-99% gehört
die Kette zu den energiesparendsten Antriebsmitteln überhaupt. Nur > Zahnriemen
und geschliffene Spezialzahnräder sind in dieser Hinsicht konkurenzfähig, können
aber in vergleichbaren Baudimensionen nicht annährend so hohe Kräfte übertragen
wie die Kette.

        Blockkette
Die ersten in größerer Serie gefertigten Fahrradketten wurden zu Anfang der
Entwicklung des > Niederrades um 1878 eingesetzt. Hierbei handelte es sich
zunächst um langgliedrige Rollenketten (s.u.), die jedoch keinen ruhigen
Fahrradantrieb gewährten (BILD 31). Diesen Mangel stellte die kurzgliedrige
Blockkette ab, die 1929 von André Galle erfunden wurde (BILD 32).

Die Bez. rührt von einem Metallblock her, in den an beide Enden Bohrungen
eingebracht wurden. Durch sie hindurch verbanden Bolzen die > Außenlaschen der
Kette. So folgte einem Block immer ein Äußeres Laschenpaar.

Da in den Block keine Zähne eingreifen können, wurde jeder zweite Zahn
ausgelassen, die Kettenräder besaßen daher nur die halbe Zähnezahl heutiger >
Kettenblätter und > Ritzel, was eine Änderung der Übersetzung nur in
Zweizahnsprüngen erlaubte.

Der Hauptnachteil der Blockkette war neben dem hohen Gewicht der starke
Zahnflankenverschleiß beim Ein- und Ausschwenken des Blocks. Die Blockkette war
noch bis vor dem 2. Weltkrieg - wg. ihrer Robustheit und Starrheit (geringere
Dehnung bei harten Antritten) bei Bahnfahrern beliebt - die Antritte konnten
überraschender erfolgen.

        Rollenkette
Die o.g. Nachteile führten zur Wiedereinführung der - diesmal allerdings
kurzgliedrigen - Rollenkette.

Aufbau der klassischen Rollenkette:

* In jedem Kettengelenk verbindet eine Hülse ein Innenlaschenpaar;
* auf der Hülse wird eine > Kettenrolle von den beiden Innenlaschen geführt;
* durch die Hülse hindurch verbindet der  > Kettenbolzen das Außenlaschenpaar,
welches durch Vernietung gesichert wird;
* dementsprechend folgt jeweils ein schmaler Kettenabschnitt (Innenlaschenpaar)
auf einen breiteren (Außenlaschenpaar).

Das Geheimnis des gegenüber der Blockkette geringeren Zahnflankenverschleißes
liegt darin, daß sich beim Ein- und Ausschwenken auf die Zahnradzähne die Hülse
in der Rolle über dem Bolzen dreht! Dadurch tritt keine Reibarbeit zwischen
Rolle und Zahnflanken auf.

Mit dem Wiederaufkommen der Rollenkette konnten die > Übersetzungen feiner
abgestuft werden. Da nun auch ein Zahn in die Innenlaschen eingriff, kam man zu
doppelten Zähnezahlen.

                Hülsenkette
Zur Unterscheidung zwischen der klassischen Rollenkette und ihrer
Weiterentwicklung zur optimierten Schaltungskette (Lagerkragenkette),  wird sie
als Hülsenkette bezeichnet.

Heute findet sie nur noch an Standardfahrrädern (schaltungslos oder mit >
Nabenschaltung) Verwendung, da die Entwicklung der Kettenschaltung eine höhere
seitliche FLexibilität der Ketten erfordert.

        Lagerkragenkette
Diese seitliche Flexibilität wurde durch eine 1978 erstmals von der franz. Firma
Sedis (heute Sachs-Sedis) serienmäßig hergestellte Kette erzielt:

Hierbei wird aus jeder Innenlasche ein halbe Hülse (der "Lagerkragen") gleich
aus dem Laschenmaterial herausgezogen. Das erspart die herkömmliche Hülse plus
deren Vernietung und erlaubt darüberhinaus - ohne Festigkeitsverluste - eine
niedrigere Laschenhöhe. Dies sowie eine leichte Verschiebbarkeit der
Innenlaschen samt Lagerkragen gegeneinander erhöht die seitliche Flexibilität
der Lagerkragenkette erheblich gegenüber der Rollen-Hülsenkette.

Was zunächst lediglich Nebeneffekt einer Fertigungsrationalisierung war und
nicht der Suche nach Funktionsverbesserung entsprang, wurde zum Stand der
Technik. Heute sind alle hochwertigen Schaltungsketten nach diesem Prinzip
gebaut. Einen Teilquerschnitt durch eine solche Kette zeigt.

                Rohloff-Kette
Ein gezielter Innovationsschub in Richtung noch besserer Schalteigenschaften
erfolgte dann erst 1988 durch die dt. Kettenfirma Rohloff. Sie erkannte, daß die
Kette genauso wie Ritzel und Schaltung am Schaltvorgang beteiligt ist und
erarbeitete folgende Verbesserungen:

Durch nach innen angebogene Außenlaschen wird eine noch größere seitliche
Flexibilität trotz extrem schmaler Bauweise (6,8 mm statt 7,2-7,4 mm) erreicht.

Außerdem wird durch angeschrägte Laschen eine zusätzliche Schalthilfe
realisiert, da diese so schneller und sicherer von den Ritzelzähnen erfaßt
werden.

Auch andere Firmen optimierten die Schalteigenschaften der Kette: Shimanos
ausgestellte Außenlaschen (> Uniglide: Außenlaschen auf Bolzenbreite gekröpft)
waren bereits vor Rohloff eine Schalthilfe. Die Umstellung von Hülsen- auf
Lagerkragenbauweise erbrachte weitere Schaltvorteile (seitliche Flexibilität).

Der Konkurrenzkampf zwang auch andere Kettenhersteller zu Verfeinerungen der
Laschenformen (geschärfte oder angekantete Laschen), so daß heute in punkto
Schaltqualität wenig Unterschiede zwischen den einzelnen Herstellern zu bemerken
sind. Und: Mittlerweile sind alle modernen Ketten für > Hyperglide tauglich.

        bolzenlose Kette
Mit einer Sonderbauweise überraschte 1987 die Firma Regina: Ihre Kette besaß
keine Bolzen mehr, die Kettenhülse reichte auch durch die Außenlaschen hindurch.

Die Innenlaschen wurden von den Rollen auf Distanz gehalten. Gegenüber anderen
Ketten konnte man einen Gewichtsvorteil von 65 gr. verbuchen, also etwa 20 % des
gesamten Kettengewichts. Diese Kette besitzt recht passable Schalt-, aber
schlechte > Führungseigenschaften und verschleißt außerdem schneller, da alle
Reibarbeit zwischen Rolle und Hülse stattfindet.

        Lebensdauer
Da Ketten an sportlich genutzten Fahrrädern (kein > Kettenschutz wegen
Kettenschaltung) nahezu ungeschützt Wind und Wetter ausgesetzt sind,
verschleißen sie binnen 1.500 - 3.000 km, je nach Qualität, Pflege und
Regenfahrten, Näheres s. > Kettenpflege.

        Maße
Die Kettenteilung (Länge eines einzelnen Kettengliedes) beträgt bei
Fahrradketten 1/2 Zoll = 12,7 mm. Die Breite der Fahrradketten ist für
schaltungslose Normalräder, Bahnräder sowie Fahrräder mit > Nabenschaltung 9,5
mm (über den > Kettenbolzen gemessen), der Zwischenraum der Innenlaschen 3,3 mm.

ältere Schaltungsketten besitzen eine Breite von 8 mm und einen
Innenlaschenabstand von 2,38 mm.

Moderne, sog. > S-Ketten für 7- und 8-fache > Ritzelpakete liegen bei Breiten
von 6,8 - 7,2 mm mit einem Innenlaschenabstand von ebenfalls 2,38 mm.

Handelsüblich werden Ketten für > Renn- und > Sporträder mit 114 Gliedern
ausgeliefert, für > Mountainbikes aufgrund ihres größeren >
Übersetzungsbereiches mit 118 Gliedern, wobei gegf. durch Kürzung eine Anpassung
erfolgen muß; vgl. hierzu > Kettenlänge.

s.a. die anderen Ketten-Stichwörter, insbes. > Kettenbolzen, > Kettenlängung, >
Kettendehnung, > Kettenkraft, > Kettenpflege usw.

17. November 1994
Ketten-antrieb
Am Fahrrad überwiegend gebräuchliche Kraftübertragungsart mit sehr hohem >
Wirkungsgrad (98-99%).

Üblicherweise werden dabei zwei "Kettenräder"  mittels > Kette verbunden - das >
Kettenblatt an der Krafteinleitungsstelle (> Tretkurbel) mit dem > Ritzel am >
Antriebsrad (Hinterrad).

Diese Distanzüberbrückung zwischen den Antriebselementen ist beim Fahrrad durch
seine Konstruktion gegeben und kann außer per Kette auch mittels >
Zahnriemen(-antrieb) oder einer entsprechend langen > Welle (> Kardanantrieb)
erfolgen (außerdem: ineinander kämmende > Zahnräder). Da diese Antriebe aber
nicht nur schwerer und teurer sind, sondern auch nur geringere Kräfte als eine
Kette übertragen können, spielen sie im Fahrradbau nur eine marginale Rolle.

Ein weiterer großer Pluspunkt des Kettenantriebs ist die Möglichkeit,
wechselbare Übersetzungen mit der für Fahrräder optimalen Schaltanlage zu
realisieren, der > Kettenschaltung (bei anderen Antrieben nur > Nabenschaltung
möglich).

Größter Störfaktor eines Kettenantriebs ist der Schmutz (verscheißanfällig),
einzig in diesem Punkt sind die beiden o.g. Antriebsarten überlegen.

Weitere Einzelheiten s. > Kette und > Antrieb: Kurbelantriebe.



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Copyright und redaktionelle Inhalte:
Dipl.Ing.FH
Christian Smolik 18.05.2000
technische Umsetzung:
Dipl.Ing.FH
Jörg Bucher zuletzt am 18.05.2000