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Kapitel 16 Vorbau

Dem Vorbau obliegt es, aus einem Rahmen, ein "Genußrädchen" oder aber ein heißes Sportgerät zu machen. Handelsübliche Vorbaulängen für Fahrräder reichen von 60 bis 150 Millimeter, wobei durch angestrengte Suche noch Sonderlängen zu ergattern sind (Läden abklappern, Zeitschriften und Kataloge wälzen). Und es gibt sie in den verschiedensten Ausführungen: Rennvorbauten mit einem stark abgewinkelten Ausleger, MTB-Vorbauten mit einem nach oben weisenden Lenkerklemmteil. Desweiteren sind Versionen mit einem extrem kurzen bzw. langen Schaft und seit einigen Jahren die AHeadsets anzutreffen.

Vorteil dieser enormen Abmessungsvielfalt für den Radfahrer: Sein Maschinchen läßt sich individuell umgestalten. So kann sich beispielsweise ein Einsteiger, nachdem sich seine Muskulatur auf das Radeln eingestellt hat, mittels eines längeren und tiefer gestellten Lenkerhalters ergonomisch und aerodynamisch günstiger auf's Velo plazieren. Ein längerer Vorbau verbessert das Fahrverhalten von MTB und Trekkingrädern. Die "Deichsel" wird länger, es kann folglich etwas feinfühliger gesteuert werden und durch die weiter nach vorn gebeugte Haltung kommt mehr Druck auf das Vorderrad. Dessen Reifen hält intensiver den Bodenkontakt, das Fahrzeug fährt sich spurtreuer und weniger flattrig.

Damit ja keine Verwirrung entsteht, hier ein kleiner Überblick: Nobel-Rennvorbauten besitzen einen Schaftdurchmesser von 22,2 mm. Der von anderen Velos - einschließlich MTB - beträgt lediglich 22 mm. Hinzu kommen Oversize-Größen mit 25,4 und 28,6 mm Schaftdurchmesser. Schließlich noch die AHeadset-Vorbauten, die direkt auf den Gabelschaft geklemmt werden und einen entsprechenden Klemm-Durchmesser von 25,4 mm, 28,6 mm oder 31,7 mm aufweisen.

An Vorbauten werden hohe Festigkeits-Ansprüche gestellt. Logisch, wenn man bedenkt, mit welcher Gewalt bisweilen über den Hebelarm Lenker "gezogen" wird und zu welch elastischen Verwindungen es dabei kommen kann. Doch hochwertiges Material allein tut´s nicht. Auch die Konzeption muß stimmen. Leider ist hier seitens der Hersteller nicht alles eitel Sonnenschein im Hinblick auf das vorliegende Angebot in den Fahrradläden. So ist es modern geworden, die Spannschraube tiefer im Schaftinneren zu versenken, um an deren Länge, und damit auch an deren Gewicht, zu sparen. Bedenklich wird es, wenn der Vorbau so tief gestellt ist, daß die Schraube unterhalb der Steuersatz-Kopfmutter liegt. Dann trägt einzig und allein noch der groß aufgebohrte Schaft. Wird hingegen die Schraube sofort oben im Vorbau-Knick angebracht, spannt sie den ganzen Schaft vor. Das ist in punkto Bruch-Vorbeugung ausgesprochen effizient und es versteift den Schaft gegen oben erwähnte Verwindungen.

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Vorbauklemmung

 

Der herkömmliche Rennvorbau wird zum Teil noch mit einem sogenannten Spreizkonus verklemmt. Eine außen kegelige Schraubenmutter wird von der Anzugsschraube in das geschlitzte Schaftende gezogen und spreizt dieses auf. Diese Klemmung erfolgt jedoch nur ringartig und kann unter Umständen (bei sehr hart angezogenen Klemmschrauben) mitunter das Gabelschaftrohr ausbeulen. Selbst Brüche hat es angesichts dieser nicht unbedingt eleganten Klemmart bereits gegeben: Liegt der Klemmbereich nämlich im Gewindeteil, kann es infolge seiner Kerbwirkung zu Absprengungen kommen. Zudem wird lediglich das unterste Schaftende verklemmt, so daß bei Durchmesser-Ungenauigkeiten mancher Vorbau zum Schaukeln anfängt.

Sinnvoller ist hier zweifelsohne die zunächst bei Standard-Rädern eingebaute Schrägkeil-Klemmung, die inzwischen auch beim MTB Usus geworden ist. Dort wird eine unter 45 Grad angeschnittene Schraubenmutter von der gleichen Spannschraube an den ebenfalls schräg angeschnittenen Vorbauschaft gezogen. Schrägkeil und Vorbauschaft drücken sich bei dieser Gelegenheit seitlich voneinander ab und legen sich großflächig an die Gabelschaftwandung. Die Neigung zum Schaukeln geht deutlich zurück und die Ausbeulgefahr ist vom Tisch.

Ein weiterer Pluspunkt der Schrägkeil-Klemmung: Der obligatorische Hammerschlag zum Lösen des Spreizkonus entfällt, der Schrägkeil gibt - einmal gelöst - sozusagen widerstandslos die Klemmverbindung frei. Hoffen wir, daß sich jene Art und Weise einer Vorbau-Fixierung in absehbarer Zeit auch im Rennrad-Geschäft etabliert, denn ein Gabelschaftbruch kann durchaus tödlich enden. Um dieses Risiko bei der Schrägkeil-Fixierung auszumerzen, darauf achten, daß beim Einbau von Reparaturgabeln die Klemmung nicht im Umfeld der an dieser Stelle länger eingeschnittenen Gewindeenden geschieht. Vorsichtshalber vorher kontrollieren, in welchem Bereich der Schrägkonus zum Liegen kommt und gegebenenfalls einen Vorbau mit einem längeren Schaft montieren.

 

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AHeadset-Vorbauten

Günstiger sieht´s da mit dem AHeadset aus. Diese vordergründig aus Gewichts- und Produktions-Rationalisierungsgründen konzipierten Vorbauten klemmen unmittelbar auf dem Gabelschaft. Das macht die Gewinde überflüssig, da die Fixierung der Steuerkopfschale, siehe Kapitel "Steuersatz", anderweitig erfolgt. Den Nachrüstern sei aber ans Herz gelegt, den AHeadset nicht einfach auf den Gewindeteil der alten Gabel zu verklemmen, um sich das Geld für eine neue Gabel zu sparen. Was können diese neuartigen Vorbauten noch auf ihrer Haben-Seite verbuchen? Dadurch, daß der Vorbauschaft eben sofort auf dem Gabelschaftrohr verklemmt ist, entfallen jene Verwindungen, die bei herkömmlichen Vorbauten auftreten, wenn kräftig am Lenker gezogen wird. Die umständliche Konterung des Steuersatzes vereinfacht sich und widersteht den selbst hartnäckigen Lockerungsversuchen des Lenklagers. Und letztlich können die Vorbauten, sofern sie nicht symmetrisch aufgebaut sind, als "Wendehälse" eingesetzt werden. Die sogenannten "Flip-Flop"-Vorbauten bewirken, je nachdem, wie herum sie auf den Gabelschaft gezwickt werden, eine unterschiedliche Abwinkelung, sprich Anhebung oder Absenkung des Lenkers.

 

 


Copyright und redaktionelle Inhalte:
Dipl.Ing.FH Christian Smolik 1994 - 03.08.1999
technische Umsetzung:
Dipl.Ing.FH Jörg Bucher zuletzt am 24.08.1999