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Kapitel 21 Kaufberatung

"Wer die Wahl hat, hat die Qual", diese lapidare Volksweisheit hat es wie meistens "faustdick hinter den Ohren". Bevor Wünsche zur Wirklichkeit werden hadern wir meistens mit uns selbst. Das wenn und aber, das für und wider wird durch die Vielfalt der heutigen Fahrradangebote inklusive der kaum noch überschaubaren Komponentenfülle und Zubehörteile noch schlimmer und endet nicht selten in Frust.

Wer wünscht sich da nicht einen kundigen Berater an seiner Seite, der ihm bei seiner Kaufentscheidung Orientierungshilfe leistet? Das nun habe ich vielfach praktiziert und dabei war auffällig, das die meisten der Kaufwilligen ihre Wünsche zum größten Teil noch unterschwellig mit sich herumtragen. Will heißen, man sieht sich zwar im Geiste bereits durch die Lande radeln, hat aber von dem Fahrrad seiner Träume nur eine vage Vorstellung. Schick muß es für den einen sein, sicher für den anderen und der letzte technische Schrei für einen dritten. Wer in diesem Stadium einen Laden betritt, um ein Fahrrad zu kaufen, kann von Glück sagen wenn er auf einen guten Verkäufer trifft. Ansonsten wird das ein Spontankauf, der in den seltensten Fällen ein harmonisches Paar von Roß und Reiter ergibt.

Versuchen Sie daher zunächst einmal sich klar zu machen, was genau Sie mit dem Fahrrad unternehmen wollen, wie Sie das Fahrrad beanspruchen werden und was Sie für ein Fahrertyp sind. Hierzu stellen wir Ihnen im folgenden neun Fragen mit anschließender Info über den Fragenkomplex. Beantworten Sie sich dann selbst die Fragen. Danach wird Ihnen manches klarer sein und Sie können bereits einen Teil der Angebote ausgrenzen, Ihren Kauf gezielter und effektiver bestreiten. Statt der Qual haben Sie den Genuß des Kaufes.

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Wie viel Kilometer?

Radeln Sie mehr als 15.000 Kilometer im Jahr, sollten Sie sich in erster Linie qualitativ hochwertigen Fahrräder zuwenden. Sie verschleißen langsamer und ihre Defektrate liegt selbst bei Dauerstreß über einen ausgedehnten Zeitraum hinweg nahe Null. Teilweise ist es sogar rentabler, auf nachweislich verschleißfestes Material umzusteigen (Hinweise hierzu finden sie in den Bildreihen), selbst wenn mit diesem Schritt kleinere Funktionseinbußen verbunden sind. Beispiel: Die dauerhaften Suntour-Ritzel.

Bleibt Ihre jährliche Kilometerleistung hingegen unter der Schallmauer von 2.000, können Sie bedenkenlos auf preiswerte Angebote zurückgreifen. Sie stehen heute in punkto Bedienungskomfort und Funktion den um Klassen höher angesiedelten Top-Rädern zumeist in nichts nach und werden sofern Sie nicht weit unter die DM 1000,- Schwelle liegen aus einwandfreiem Material gefertigt. Abstriche müssen sie bezüglich der Oberflächenbearbeitung der verwendeten Komponetenten machen und akzeptieren, daß leichtgewichtige Alu-Teile durch Stahl ersetzt sind. Die Fahrräder legen also auch an Gewicht zu.

 

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Fahren Sie bei Wind und Wetter?

Regenfahrten knabbern heftig an der Lebensfrist der Velo-Teile. Zwar kann man ihre "Außenhaut" durch eine sorgfältige Pflege (zum Beispiel mit Sprühwachs) durchaus vor Korrosion schützen. Hinsichtlich der Lagerungen werden einem jedoch Grenzen gesteckt. Dort kommt es vor allem auf gute Dichtungen (gekapselte Bauweise) und regelmäßig durchgeführte Wartung an.

Ein Allwetter-Einsatz Ihres Rades verlangt spezielle Antriebs-Teile. Vorbeugen heißt hier die Devise - zum Beispiel mit verschleißfesten Ketten (Rohloff, Sachs/Sedis, Wippermann) und Ritzel (Suntour). Außerdem: Zusätzliche Kontrollen des Verschleißgrades (Ketten-Checker, Kettenkaliber sowie einen HG-Checker für die Hyperglide-Ritzel) in Ihr Pflege-Programm einbauen. Ist der Antrieb erst mal bis zur Funktionsuntüchtigkeit "abgenudelt", besteht die Gefahr, daß er komplett, also inklusive der nicht gerade preiswerten Kettenblätter, ausgetauscht werden muß.

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Wie stehen Sie zu Trends?

Das Modell-Karussell der Fahrrad-Hersteller dreht sich pausenlos schneller. Um ständig neue Kaufanreize zu schaffen, werden angeblich selbst unausgereifte Teile auf den Markt geworfen. Andere Variante: Firmen versuchen, den technischen Vorsprung eines Konkurrenten aufzuholen und "schieben" überhastet konzipierte Stücke nach. Die Folge davon sind nicht selten Funktionsmängel. Gerechterweise muß man auf der anderen Seite einräumen, daß permanent noch gefälligere Formen und Farben in Erscheinung treten, die wohl jeden begeistern. Dafür blättert man gern ein paar Mark mehr auf den Tisch. Und nimmt auch in Kauf, daß die bisherige Ausstattung ja noch nicht unbedingt auswechslungsreif gewesen wäre.

Wer sich diesem Trend, aus welchen Gründen auch immer, nicht anschließen will, kann mit einem sogenannten "Ladenhüter" (oftmals heute keine zwei Jahre alt!) bisweilen ein gutes Schnäppchen machen. Er muß sich nicht mit den Kinderkrankheiten der aktuellen Modelle herumplagen und er kann eher darauf hoffen, noch altbewährtes, verschleißfesteres Material einzukaufen.

 

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Ihr Fahrrad - ein Prestige-Objekt?

Wenn dem so sein sollte, legen Sie somit größten Wert auf Fortschritt und Weiterentwicklung. Gerade in letzter Zeit kommt beinahe täglich pfiffiges Zubehör in die Geschäfte. Es ist in erster Linie für Mountain Biker und Triathleten gedacht und gemacht, aber auch der Alltagsradler kann durchaus davon profitieren. Wenn Sie am Ball bleiben möchten, empfiehlt sich die regelmäßige Lektüre der laufenden "Radfahren"-Ausgaben sowie anderer Fachzeitschriften (Spezialgebiet Mountain Bikes/Triathlon). Bevor Sie jedoch den Geldbeutel zücken, sollten Sie sich unbedingt in Erinnerung rufen, daß beileibe nicht alle Neuigkeiten für jedermann geeignet sind. Denken Sie nur mal an Titan-Stützen oder federgewichtige Sättel. Ein Radler von kräftiger Statur könnte diese sehr schnell überfordert sein.

 

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Wie steht es um Ihre Sicherheit?

Reifendefekte am Vorderrad führen häufig zum Sturz. Ein sicherheitsbewußter Velozipedist sollte daher sein besonderes Augenmerk auf ausgesprochen gute, defektfreie Vorderreifen und entsprechend stabile Felgen legen. Gering profilierte Pneus sollten Ihnen kein Kopfzerbrechen bereiten. Bedingt durch die minimale Boden-Kontaktfläche greifen sie mehr oder weniger alle. Schwieriger gestaltet sich da schon die Sache mit den Bremsen, insbesondere bei Regen. Achten Sie auf möglichst kleine Bremsgummis. Sie verstärken die Flächenpressung und fassen früher bei einem Wasserfilm. Oder Sie besorgen sich spezielle Regengummis, wie den "Superstop" von Weinmann. Zu bissig darf eine Bremse hingegen auch nicht reagieren, denn so manch einer verließ sein Sportgerät bei einer Notbremsung schon Kopfüber.

Kommen wir noch auf die Beleuchtung zu sprechen. Welchen Rennfahrer hat beim Training nicht schon die Dunkelheit überrascht? Ein "alter Hase" kann sich in der Regel dadurch geschickt aus der Affäre ziehen, indem er irgendwelche Schleichwege einschlägt. Sinnvoller ist es jedoch, den Flitzer mit den ohnehin gesetzlich vorgeschriebenen Reflektoren auszustatten. Es erhöht schlichtweg das "Gesehen werden". Abschließend möchten wir allerdings nochmals darauf hinweisen, daß ein turnusmäßig stattfindendes Durchchecken des Velos wohl am deutlichsten für ein beruhigendes Gefühl sorgt.

 

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Besitzen Sie handwerkliches Geschick?

Wer Pflege und Wartung seines Drahtesels selbst in die Hand nimmt, kann dessen Lebensdauer auf alle Fälle erhöhen (kürzer angesetzte Instandhaltungs-Zyklen). Es hat weiterhin den Vorteil, seinen fahrbaren Untersatz sozusagen "bis ins letzte Schräubchen" kennenzulernen. Im Laufe der Zeit kennt man haargenau die diversen Schwachstellen und weiß, was wann und wo repariert oder ausgetauscht werden muß. Einige Do-it-Yourselfler schaffen sogar das Kunststück, eine schlackernde Schaltung oder eine ausgemergelte Bremse so zu sanieren, daß sie daraufhin wieder voll in Anspruch genommen werden können. In der Bastelei steckt außerdem eine gehörige Portion Muse. Nicht selten wird daraus ein ernsthaftes Hobby.

Für den Freizeit-Mechanikus dürfte denn auch unsere Anmerkungen zur Kompatibilität von großem Interesse sein. Verschiedene Herstellern betreiben heutzutage regelrechten Gruppenzwang. Daher hebt sich ein Velo mit Komponenten-Mix mehr als je zuvor wohltuend vom uniformierten Standard ab. Wer sein Fahrrad zwecks Überholung, Reparatur oä. außer Haus geben muß, tut gut daran, ein positives Verhältnis zum Händler aufzubauen. Denn angesichts ständig steigender Lohnkosten werden Werkstattaufträge für ihn von Tag zu Tag mehr zum Minusposten.

 

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Wie fahren Sie Rad?

Es macht schon einen gewaltigen Unterschied, ob jemand wie ein Klotz im Sattel sitzt oder aber elastisch wie ein Gummimännchen. Ob er ein kontinuierlich pedalierender, leichtgewichtiger Radler ist oder aber ein Sprintertyp mit 90 Kilogramm.

Rad-Aktivisten, die sowohl ihre Waage wie auch das Material schonen (aufgrund ihrer Fahrweise), können sich in punkto Velo-Teile fast jede Extravaganz erlauben. So konnte beispielsweise unser Steuerkünstler und Querfeldein-Weltmeister Rolf Wolfshol seine Cross-Rennen ohne weiteres mit 270 Gramm-Felgen und 28 Speichen bestreiten.

"Down Hill-Piloten" oder "Kraftpakete" sollten dagegen insbesondere bei Laufrädern und Antriebselementen (Pedal/Kurbel/Innenlager) wirklich nur hochwertiges Material einsetzen. Und es obendrein nach 20.000 abgefahrenen Kilometern vorsichtshalber ersetzen. Weshalb auch erst auf einen Dauerbruch durch einen Aufsetzer oder Sturz warten? Desweiteren empfehlen sich für die etwas wohlbeleibteren Sportsfreunde Tropfenfelgen und im Bogen verstärkte Speichen. Und logischerweise - jedoch oftmals außer acht gelassen - müssen diese aufgrund ihrer "Masse" einen längeren Bremsweg einkalkulieren. Ein wichtiges Kriterium bei der Wahl der Bremsen.

 

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Wieviel Geld wollen Sie inverstieren?

 

Der Ernährer einer Großfamilie beispielsweise oder ein sparsamer Student kann und will bestimmt nicht nach top gestylten Modeartikeln Ausschau halten, geschweige denn, ein solch exklusives Sportgerät erwerben. Wir haben darum ganz bewußt eine Menge Taiwan-Produkte in unseren Bildreihen aufgeführt. Zur Freude vieler sind diese nicht nur preiswerter, sondern manchmal auch noch cleverer konzipiert als die Komponenten der sogenannten "Großen" (siehe Point, Wheeler, Shogun). Doch sollten zweifelsohne Gesichtspunkte wie Qualität, Materialgüte, perfekte Verarbeitung und so weiter ausschlaggebend sein. So schneiden Sie auf Dauer gesehen mit einer hochwertigen, langlebigen Kette natürlich besser ab, als mit einem billigeren Gliederstrang. Gleiches gilt für Felgen und Reifen. Vorsicht ist vor allem bei preisgünstigen Kunststoff-Teilen geboten. Sie enthalten nicht in allen Fällen die für die Festigkeit zuständigen Faseranteile. Daher besteht erhöhte Bruchgefahr.


Copyright und redaktionelle Inhalte:
Dipl.Ing.FH Christian Smolik 1994 - 03.08.1999
technische Umsetzung:
Dipl.Ing.FH Jörg Bucher zuletzt am 24.08.1999